Wie viele Äpfel und Birnen gibt es in diesem Jahr? Solange sie im Laden verfügbar sind, interessiert diese Frage Konsumentinnen und Konsumenten kaum. Aber Ernteprognosen sind wichtig, weil sich diese auch auf den Preis auswirken können.
Das Zählen der Früchte obliegt dem Schweizer Obstverband. Dieser trägt die Mengenangaben aus den verschiedenen Regionen der Schweiz zusammen und ermittelt zu Beginn der Saison eine Prognose. Dieses Jahr erstmals mit künstlicher Intelligenz.
Die Detailhändler können Aktionen planen.
Die Ernteschätzung helfe nicht nur den Produzentinnen und Produzenten, sondern auch dem Handel und Zwischenhandel, sagt Chantale Meyer vom Schweizer Obstverband. «Sie wissen dann, wie viele Äpfel und Birnen auf den Markt kommen und die Detailhändler können Aktionen planen.»
Äpfel und Birnen manuell zählen war gestern
Von der beliebtesten Frucht der Schweizerinnen und Schweizer – dem Apfel – soll es aktuell 3 Prozent mehr geben als im Vorjahr, und bei den Birnen rechnet der Obstverband mit einer Zunahme von 17 Prozent. Das hat die KI errechnet.
Entwickler haben eine App kreiert, die künstliche Intelligenz nutzt. Sie berechne anhand von Fotos die erwartete Erntemenge von Äpfeln und Birnen, erklärt Chantale Meyer vom Schweizer Obstverband.
Seit 1986 habe man dafür die «Bavendorfer Methode» angewendet. Zur Zählung der Früchte kam eine Art Feldstecher ohne Linse zum Einsatz. Damit habe man in einer Plantage einen Baum ausgewählt und die Früchte im Sichtfeld gezählt, sagt Meyer. Aufgrund dieser Zählung habe man dann eine Hochrechnung gemacht und kam so zu einer Ernteschätzung für die ganze Schweiz.
Ganz ähnlich funktioniere das jetzt mit der künstlichen Intelligenz. Produzentinnen und Produzenten machen mit der App auf ihrer angepflanzten Fläche Fotos. Mit zwei Meter Abstand werden einzelne Bäume fotografiert.
Die künstliche Intelligenz analysiert die Bilder und errechnet die zu erwartende Erntemenge. Das Zählen und Berechnen mit KI sei weniger zeitintensiv und deshalb effizienter. Man brauche keine Person mehr, die in einer Anlage die einzelnen Früchte auszählt. Das hätte man teilweise zu zweit gemacht, um Ermüdungserscheinungen entgegenzuwirken, sagt Chantale Meyer. «Die manuellen Aufwände sind durch KI massiv reduziert worden.»
Schutz der Daten
Die Daten in der App selber seien anonymisiert. Der Obstverband wisse nicht, welcher Produzent wie viel Früchte und Ertrag habe. Nur die Produzenten hätten Zugriff auf ihren Account und könnten eine persönliche Ernteschätzung ihres Betriebs machen.
Die KI ist nur so gut, wie die Daten, mit denen sie Sachen errechnen kann.
Die Digitalisierung und KI ist in der Landwirtschaft ein grosses Thema, auf das auch der Schweizer Obstverband setzt. Für die diesjährige Ernteschätzung hätten sie rund 20'000 Fotos von über 1300 Parzellen erhalten. Zudem habe man die KI rückwirkend über zehn Jahre mit Wetterdaten gefüttert. «Die KI ist nur so gut, wie die Daten, mit denen sie Sachen errechnen kann», sagt Meyer. Der Obstverband sei deshalb darauf angewiesen, dass die Produzentinnen und Produzenten ihnen die Daten lieferten.
Die Prognose für die Ernte von Äpfeln und Birnen ist in diesem Jahr besser als im Vorjahr. Ist das der KI geschuldet? Nein, meint Chantale Meyer. Die vergangenen drei Jahre habe man noch beide Methoden parallel angewendet. Die «Bavendorfer Methode» und KI. Dadurch hätten Fehler korrigiert werden können. Nun sei man gespannt, ob die Ernteschätzung stimmt. Wissen würde man es erst im nächsten Jahr.