Aufgewachsen ist Niko in München. Vor zehn Jahren kam er für sein Maschinenbau-Studium nach Zürich. Schweizerdeutsch war da noch gar kein grosses Thema. Sein Umfeld war international – oft wurde Englisch gesprochen.
Mit der Zeit lernte er Schweizerdeutsch mehr oder weniger zu verstehen. Allerdings hatte er das Gefühl, dass man in der Deutschschweiz nur dann so richtig dazugehört, wenn man Schweizerdeutsch spricht.
Schweizerdeutsch kommt besser an
Wenn man Hochdeutsch spreche, sei man immer gleich «der Deutsche» oder «der Andere».
Das zeige sich zum Beispiel, wenn man an etwas Kritik übe: «Formuliere ich es auf Schweizerdeutsch, wird es besser aufgenommen, als wenn ich es auf Hochdeutsch sage.» Man wirke dann nicht wie ein nörgelnder Tourist, sondern wie ein Einheimischer, der sich berechtigterweise beschwert.
Lange nicht getraut
Dennoch wagte er es lange nicht, sich in Schweizerdeutsch zu versuchen: «Ich habe mich hemmen lassen; konnte es ja anfangs auch nicht gut und hatte Angst vor negativen Rückmeldungen.»
Formuliere ich es auf Schweizerdeutsch, wird es besser aufgenommen.
Erst nach fünf Jahren in der Schweiz, als er von Zürich nach Luzern zog, versuchte Niko, Schweizerdeutsch zu sprechen: «Dort hatte ich ein weniger internationales Umfeld und deshalb hörte ich auch deutlich mehr Schweizerdeutsch. Da fing ich an, das Gehörte zu reproduzieren.»
Nadia Zollinger und Markus Gasser streiten über die schönste Sprache der Welt. Easy heftig. Deine Fragen an mundart@srf.ch.
Um diesen Podcast zu abonnieren, benötigen Sie eine Podcast-kompatible Software oder App. Wenn Ihre App in der obigen Liste nicht aufgeführt ist, können Sie einfach die Feed-URL in Ihre Podcast-App oder Software kopieren.
Durchbruch in Luzern
Sein Luzerner Umfeld habe ihn sehr in seinen Versuchen bestärkt: «Sie fanden es lustig, aber auf eine positive Art.»
Das ist nicht selbstverständlich. Manche Deutschschweizerinnen finden, Deutsche sollten nicht Schweizerdeutsch zu reden versuchen – das töne schrecklich.
Unterstützung durch Schweizerinnen
Solche Vorbehalte kann Niko nicht verstehen: «Wie soll ich Schweizerdeutsch lernen, wenn ich es nicht praktizieren kann? Ich fände es viel beschämender, wenn ich nach zehn Jahren in der Schweiz immer noch Mühe hätte, die Sprache zu verstehen.»
Sie fanden es lustig, aber auf eine positive Art.
Toleranz und Bestärkung sind aus seiner Sicht essenziell, wenn man als Deutscher Schweizerdeutsch lernen will.
Es braucht Geduld
Geholfen habe ihm auch seine Erfahrung mit bayerischen Dialekten in der Familie. Dadurch war er bereits vor seinem Umzug in die Schweiz mit verschiedenen Arten von Deutsch vertraut.
Dennoch ist Niko überzeugt: «Jeder und jede kann Schweizerdeutsch lernen! Es braucht einfach Geduld.» Am besten solle man Schritt für Schritt nehmen, «auch wenn es den anderen am Anfang wehtut in den Ohren», fügt der 29-Jährige lachend hinzu.
Fehler akzeptieren und korrigieren
Wichtig sei auch eine entspannte Herangehensweise: «Man muss akzeptieren, dass man viele Fehler macht.» Kürzlich habe er «tuuche» gesagt statt «tauche». Denn das hochdeutsche «au» sei oft ein «uu» wie in «tauschen – tuusche», aber eben nicht immer.
Man muss akzeptieren, dass man viele Fehler macht.
Solche Fehler seien auch nicht schlimm, findet Niko. Er bitte sein Umfeld sogar explizit, ihn zu korrigieren. So lerne er dazu. Einen Schweizerdeutsch-Kurs hat er nie besucht.
Perfektion ist nicht das Ziel
Auch heute noch hört man Niko seinen deutschen Akzent an – auch grammatikalisch ist nicht alles perfekt.
Aber das sei gar nicht sein Ziel, sagt Niko: «Ich bin immerhin an dem Punkt angelangt, dass mein Gegenüber fünf Minuten lang überlegen muss, woher ich komme.» Und mit diesem Niveau sei er eigentlich ganz zufrieden. Auch wenn er weiterhin daran arbeitet, noch besser Schweizerdeutsch zu sprechen.
Warum sollen Deutsche Mundart lernen – oder eben nicht? Diskutieren Sie mit in der Kommentarspalte!