Immer wieder gibt es Kritik an der Mundart in der Werbung: Sie sei hölzern, nicht authentisch oder beinhalte gar falsche Wörter – solche, die niemand im Dialekt sagen würde.
Das trifft bestimmt nicht auf die Mehrheit der Werbespots und Plakate zu. Aber immer wieder verschlägt es mundartaffinen Konsumentinnen und Konsumenten den Atem.
Hochdeutsch im Schweizerdeutsch
Mindestens zwei «falsche» Mundartwörter finden sich in diesem Werbespot für Coop:
«Doch» und «stets» sind keine genuin schweizerdeutschen Wörter, sondern aus dem Hochdeutschen importiert – sogenannte Teutonismen. Mundartlicher wären «Aber» und «immer». Manche stören solche Teutonismen, auch in der Werbung. Anderen fallen sie gar nicht auf, weil sich mittlerweile etliche davon im Schweizerdeutschen etabliert haben.
Übersetzungsfehler
Trotzdem stellt sich die Frage, wie so etwas passieren kann. Bei Werbetexten wird doch jedes Wort auf die Goldwaage gelegt, denkt man. Vermutlich schleichen sich Teutonismen beim Übersetzen ins Schweizerdeutsche ein. Denn viele Werbetexte – auch wenn sie am Schluss auf Schweizerdeutsch herauskommen – werden zuerst auf Hochdeutsch formuliert und dann übersetzt.
Kein Teutonismus, sondern einfach falsches Schweizerdeutsch ist dieser Werbespruch für Nescafé Dolce Gusto:
«Bi» ist im Schweizerdeutschen keine mögliche Imperativform. «bis» oder «sig» müsste es korrekt heissen. Auch hier hat wohl ein hochdeutscher (oder englischer) Text als Vorlage gedient. Trotzdem ist schwer nachzuvollziehen, wie es dieses «bi» an allen Abnahmen und Kontrollen vorbei aufs Plakat geschafft hat.
Mundart-Schreiben will gelernt sein
Auch das Schreiben von Schweizerdeutsch scheint den Werbeagenturen immer wieder Mühe zu bereiten, wie diese beiden Beispiele zeigen:
Den unbetonten Zentralvokal am Wortende von «deheime», «schönschte» oder «zele» mit einem «ä» zu schreiben, ist zwar gerade bei jungen Leuten gross in Mode. Abgesehen von einigen Innerschweizer Dialekten gibt das «ä» diesen Laut aber nicht sehr adäquat wieder. Ein «e» – wie es auch im Hochdeutschen für diesen unbetonten Zentralvokal verwendet wird – passt da besser.
Ganz schlimm ist aus dialektliebhaberischer Sicht «zehlä» für «zählen». Das «e» ist im Schweizerdeutschen kurz – das «h» suggeriert aber eine gedehnte Aussprache des «e».
Falscher Dialekt
Ein anderer Schönheitsfehler findet sich im folgenden Werbespot von Graubünden Tourismus, der den Tomasee in der Surselva anpreist:
Werbung für Ferien in Graubünden – auf Bündnerdeutsch. Alles perfekt, oder? Mitnichten! Der Tomasee liegt in der Gemeinde Tujetsch in der Surselva. Dort wird nicht das Churer Bündnerdeutsch gesprochen, das die beiden Steinböcke von sich geben, sondern Rätoromanisch. Inhaltlich passt Bündnerdeutsch also gar nicht so gut zum Werbespot für den Tomasee (eigentlich: «Lai da Tuma»).
Andererseits ist klar, dass die Graubünden-Werbung für ein Deutschschweizer Publikum nicht auf Rätoromanisch funktionieren kann. Da bietet es sich natürlich an, das Klischee vom Churerdeutsch sprechenden Bündner zu bedienen. So gesehen muss unpassende Werbesprache nicht immer einen schlechten Werbeeffekt mit sich bringen.