Sagen Sie «Fraue», «Fröiwa», «Fraua», «Frauä», «Froua», «Frouwa» oder ganz anders? Und klingt Ihre Mundart so wie die Ihrer Eltern oder Ihrer Kinder? In zwei interaktiven Audio-Karten hören Sie, wie sich die Schweizer Dialekte regional unterscheiden und zwischen den Generationen wandeln.
1000 Personen aus 127 Regionen der Deutschschweiz haben den folgenden Text in einem gross angelegten Forschungsprojekt der Universität Bern in ihren Dialekt übersetzt:
SRF hat einen Ausschnitt dieser Texte und der Audioaufnahmen exklusiv von der Universität Bern erhalten.
Sprechen Sie eher wie die jüngere Generation (Jahrgang 1985–2002) oder die ältere (1940–1960) in Ihrer Herkunftsregion? Setzen Sie die Kopfhörer auf und finden Sie es in der Karte heraus!
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Eine ähnliche Untersuchung gab es schon einmal. 1943 machten sich Linguisten mit Aufnahmegeräten auf eine Tour durch die Deutschschweiz und liessen Schweizerinnen und Schweizer einen anderen Vergleichstext in ihrem Dialekt vorlesen.
Das Resultat war der unter Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern bekannte «Sprechende Atlas». Anstelle von 1000 Probanden gab es deren 24. Der Textinhalt – ein Dialog zwischen Schüler und Lehrer am Neujahrstag – ist heute aus der Zeit gefallen, vermittelt aber gerade deshalb einige aus heutiger Sicht ungewöhnliche Wörter.
«Gott Grüessich»: So klangen 1943 unsere Dialekte
Der «Sprechende Atlas» wurde nach seiner Veröffentlichung als voller Erfolg gefeiert. So sei der Atlas unter anderem eine grosse Hilfe für die Zürcher Kantonspolizei gewesen: «Dialektkenntnisse sind in der Tat bei der Fahndung nach einem Verbrecher mitunter recht nützlich», heisst es im Vorwort.
Stadt-Dialekte breiten sich aus
Für die Verbrechensbekämpfung dürfte die neue Erhebung der Uni Bern heute eine untergeordnete Rolle spielen. Doch welche Erkenntnisse ziehen die Studienautoren aus ihren Untersuchungen?
Kleinräumige regionale Varianten scheinen oft zu verschwinden, und es bilden sich Grossraum-Dialekte heraus
Neben den Audioaufnahmen haben die Forschenden rund 160 Einzelphänomene untersucht. Aus der Vielzahl an Detailergebnissen kann Studienleiter Prof. Adrian Leemann einige grössere Trends ausmachen:
- «Kleinräumige regionale Varianten scheinen oft zu verschwinden, und es bilden sich Grossraum-Dialekte heraus.» So gibt es heute immer mehr ein einigermassen einheitliches Walliserdeutsch anstelle von deutlich unterscheidbaren Variationen auf Dorf- oder Talebene.
- Je grösser die Stadt, desto grösser der Einflussradius: «Zürich hat grossen Einfluss auf den Südosten, aber auch auf die Zentralschweiz und den Aargau. Bern hat Einfluss in Richtung Berner Oberland, teils in Richtung Freiburg und Solothurn.» Der Einfluss Basels scheint dagegen verhältnismässig klein, was vermutlich mitunter dem Jura geschuldet ist: Geografische Hindernisse wie Gebirge oder auch Gewässer können die Verbreitung von Merkmalen verlangsamen oder blockieren.
- West-Ost-Gegensätze bleiben dagegen häufig stabil und verlaufen oft entlang der Kantonsgrenzen Bern/Luzern. Auch nordostschweizerische Merkmale bilden oft einen Kontrast zum Grossraum Zürich.
- Ebenfalls stabil sind die Aussprache und die Satzstruktur: «Wortschätze verändern sich viel schneller als Lautung und Grammatik.»
Oft sei der beobachtete Wandel aber sehr stark vom untersuchten Phänomen abhängig: «Bei einigen Phänomenen passiert nichts – bei anderen sehr viel.»