Christina Lang: Nichts verhebt so wie «verhebe»
Wenn jemand gut argumentiert, warum sie so und so denkt, und wenn mich das überzeugt, dann verhebt das für mich. Oder wenn ich eine Geschichte lese und sie richtig gut finde, weil alles passt und ich mitfühlen und mitdenken kann – dann verhebt sie.
Der Kommentar von Mundartredaktor Markus Gasser:
Die Geschichte oder das Argument hält stand, ist passend, brauchbar oder überzeugend? Stimmt alles, aber nur «verhebt» enthält alle diese Bedeutungsmöglichkeiten. Und gibt einem das Gefühl, etwas sei wirklich solid und gültig.
Julia, die sechsjährige Tochter von Christina Lang, bringt es deshalb auf den Punkt bei der Frage nach einer Übersetzung: «Ich glaub, ich würde auf Hochdeutsch verheben sagen».
Stefan Siegenthaler: In Bern geht man gerne «ga rohre»
’Rohre’ heisst für mich, dass man in Bern durch die ’Rohre’ flaniert, also unter den Lauben der Altstadtgassen. Vielleicht kauft man etwas in einem Laden oder man spaziert einfach an den Schaufenstern vorbei. Auf Hochdeutsch gibt es kein Wort dafür. Man kann es nur ausführlich beschreiben, um es zu übersetzen.
Der Kommentar von Mundartredaktor Markus Gasser:
Andere Sprachen haben deshalb kein Wort für «rohre», weil es ein sogenanntes Sachspezifikum ist: Dass man die Lauben der Altstadtgassen «d Rohr» nennt und das Flanieren darin «ga rohre», das gibt es nur in Bern. Es ist einzigartig und in gewissem Sinn tatsächlich unübersetzbar.
Maja Brunner: Die Grösse von einem Gutsch ist individuell
Bei Rezepten ist ‘ein Gutsch’ sehr ungenau. Es meint ‘eine kleine Menge’ und bewegt sich im Bereich von 1-2 Esslöffeln. In der Standardsprache kann man ‘einen Schluck’ als Alternative nehmen oder die Angabe ‘ein wenig’ oder ‘nach Belieben’ - dann überlässt man die konkrete Menge ganz dem Koch oder der Köchin.
Der Kommentar von Mundartredaktor Markus Gasser:
«Gutsch» ist eine schweizerdeutsche Variante von «Guss» und bedeutet wörtlich «Schwall einer Flüssigkeit». Das kann allerdings alles zwischen einem Regengutsch und einem Gutsch Wein sein. Auf Hochdeutsch differenziert man, je nach der konkreten Menge, zwischen einem Schluck, einem Schwall oder einem Guss. Nur der Gutsch umfasst die ganze Bandbreite.
Michael Brunner: Mit Cervelatpromis an der Hundsverlochete
Eine Hundsverlochete ist ein himmeltrauriges Fest. Die Art von Fest, wo du überlegst: Eigentlich wäre ich lieber daheim am Putzen, das macht mehr Spass.
Der Kommentar von Mundartredaktor Markus Gasser:
Für andere ist die Hundsverlochete vor allem ein «bedeutungsloser Anlass». Klar: Höchstens Cervelatpromis (B-Promis) zieht es an ein Hundebegräbnis oder an einen Anlass von vergleichbarer gesellschaftlicher Unwichtigkeit. Auf jeden Fall ist es eine helvetische Angelegenheit, zumindest sprachlich. Denn nur die süddeutschen Dialekte erlauben es, ein Verb wie «verloche» (=begraben) mit der simplen Endung –ete zu einem Substantiv zu machen, das eine gemeinsame Tätigkeit beschreibt – die «Verlochete» eben.
Ralph Wicki: Der Schoggijob des Lebens!
Ein Schoggijob ist einer, den man wahnsinnig gern macht und der einem so leicht fällt, dass man vergisst, dass es ja eigentlich arbeiten ist. Es ist wie Schokolade essen.
Der Kommentar von Mundartredaktor Markus Gasser:
Ein Schokoladenjob also. Aber dieses Wort gibt es eben nicht auf Hochdeutsch. Traumjob vielleicht? Ist eben nicht dasselbe. Ein Traumjob kann harte Arbeit sein, während der Schoggijob immer «easy» ist. Glücklich, wer eine solche Anstellung oder Aufgabe gefasst hat, denn er (oder sie) ist ein «Schöggeler».
Was ist dein «unübersetzbares» Wort?
Welche Dialektwörter kennst du, die man nicht mit einem Wort auf Hochdeutsch übersetzen kann? Schreibe sie unten ins Kommentarfeld.
Englische Ausdrücke, eigenartige Pluralformen oder Germanismen: Der schöne Schweizer Dialekt geht bachab. Wie schlimm steht es um unsere Sprache? Nadia Zollinger ist besorgt, doch SRF-Dialektforscher Markus Gasser sieht die ganze Sache lockerer.
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