Dieser Tage tingeln sie wieder von Haus zu Haus. Und auch als Leuchtfiguren oder Schoggifiguren sind sie allgegenwärtig: die Samichläuse. Nur hat ihre äussere Erscheinung nicht mehr viel mit dem Ursprung der Nikolaus-Figur gemeinsam.
Alles begann mit der Legende des heiligen Nikolaus von Myra, der im 4. Jahrhundert als Bischof in Kleinasien (heute Türkei) wirkte. Bereits im Frühmittelalter war er einer der beliebtesten Heiligen.
Kinderlieber Bischof
Seine Beliebtheit verdankt Sankt Nikolaus etlichen legendären Wundertaten. Unter anderem soll er mehrere Kinder gerettet oder nach dem Tod gar wieder zum Leben erweckt haben.
Aus diesen Legenden entstand in mittelalterlichen Klosterschulen die erste Nikolaus-Tradition: Am Tag des heiligen Nikolaus, dem 6. Dezember, wählten die Schüler einen «Kinderbischof». Für einige Tage oder Wochen wurde die Hierarchie an den Schulen ins Gegenteil verkehrt.
Ausgehend von den Klosterschulen verbreitete sich dieser Brauch in weite Teile der Bevölkerung, und im Lauf der Jahrhunderte entwickelten sich in verschiedenen Teilen Europas unterschiedlichste Bräuche, oft unter dem Einfluss vorchristlicher Traditionen.
Schenken...
So werden mancherorts, etwa in den Niederlanden, in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember Schuhe oder Socken mit Geschenken gefüllt. Dieser Brauch steht im Zusammenhang mit einer weiteren Legende: Der heilige Nikolaus soll drei Schwestern vor der Prostitution bewahrt haben, indem er ihnen eines Nachts Gold für die Mitgift in ihr Schlafgemach warf, so dass sie heiraten konnten.
Auch in der Schweiz und darüber hinaus werden Kinder bekanntlich am 6. Dezember vom Samichlaus beschenkt; früher mit Obst, heute oft mit Grittibänzen, Lebkuchen, Erdnüssen, Mandarinen und Schokolade. Diese Form des Nikolaus-Brauchtums existiert so ähnlich seit etwa 350 Jahren.
...und heischen
In vielen Gegenden Europas, besonders im deutschsprachigen Raum, dominiert beim Nikolaus-Brauchtum hingegen das Heischen: Schon im Mittelalter zog die Jugend um den Nikolaustag durch die Dörfer und verlangte an den Haustüren nach Essen und Trinken.
Diese «Heischebräuche» entstanden wohl aus germanischen Bräuchen, bei dem junge Männer in der dunklen Winterzeit als furchteinflössende Gestalten verkleidet umherzogen. In der Schweiz sind diese Klausenzüge fast verschwunden – Überbleibsel gibt es unter anderem noch in Küssnacht am Rigi, in Hallwil sowie (ein paar Wochen später) im Appenzellerland (Silvesterkläuse).
Bischof wird gecancelt
Ursprünglich war der Samichlaus – nach seinem Vorbild Nikolaus von Myra – überall als Bischof verkleidet. Dazu gehören Mitra, Bischofsstab und Messgewand.
Mit der Reformation gerieten Heilige in den protestantischen Gebieten Europas in Verruf. Die Nikolaus-Bräuche waren aber weiterhin sehr beliebt. Als Kompromiss entstanden Figuren ohne Bischofs-Insignien wie der Weihnachtsmann oder Santa Claus - wiederum unter Einfluss vorchristlicher Winterfiguren. Ausserdem wurde die Bescherung vielerorts vom 6. Dezember auf Heiligabend verschoben.
Wegen der wirtschaftlich-kulturellen Dominanz der USA und Deutschlands gleicht auch der Samichlaus in katholischen Gebieten immer weniger einem Bischof. Nur der Name des heiligen Nikolaus hält sich bei uns hartnäckig.