Vor 100 Jahren war der Biber in der Schweiz ausgerottet. Heute leben wieder knapp 5000 Biber in Schweizer Flüssen und Seen: drei Mal mehr als noch vor 15 Jahren. Obwohl das Tier seit 2022 nicht mehr als gefährdet gilt, sind der Biber und seine Dämme noch immer geschützt. Nicht zur Freude aller.
Für Bauern ein «Schädling»
Die rasante Ausbreitung des pelzigen Baumeisters sorgt für Konflikte: In der Landwirtschaft ist der Biber nicht gern gesehen. «Der Zeitpunkt ist gekommen, an dem man sich eingestehen muss, dass das geschützte Tier zum Schädling geworden ist,» sagte der Schweizer Bauernverband bereits vor einem Jahr zu SRF.
Bundesrat Rösti will Biber zum Abschuss freigeben
Bundesrat Albert Rösti schickt deshalb nun eine neue Jagdverordnung in die Vernehmlassung. Er findet: Wenn der Biber «erhebliche Schäden» anrichtet, soll man ihn schiessen dürfen. Allerdings erst, wenn die «zumutbaren Massnahmen» zur Schadensverhütung nicht wirken.
Betroffene Landwirtinnen und Landwirte sagen, eine Regulierung des Bibers sei zwingend nötig. Biber verstopfen Entwässerungssysteme, überfluten Äcker und vergreifen sich nachts an Zuckerrüben oder Raps. Auch Wege und Strassen können durch Biberbauten einbrechen oder Keller von privaten Häusern überschwemmt werden. Landwirte fordern deshalb, dass der Biber wie der Wolf reguliert werden darf.
Biber künftig nicht mehr unter Schutz?
Biberabschüsse sind zwar auch heute schon möglich, neu soll das aber explizit in der Jagdverordnung stehen. Einigen Bauern geht diese Reglung jedoch noch zu wenig weit: Sie wollen den Schutz des Bibers ganz aufheben. Der Präsident des Zürcher Bauernverbandes Ferdi Hodel sagt: «Man kann kritisch hinterfragen, ob der Schutzstatus des Bibers überhaupt noch berechtigt ist.»
Gewinn für die Artenvielfalt
Naturschutzverbände sind schockiert. Gemäss Experten stimmt es nicht, dass der Biber so viele Schäden anrichtet, wie überall zu hören sei. Oft werde masslos übertrieben. Der Biber sei ökologisch gesehen eine Schlüsselart. Eine vom Bund in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass Biber die Artenvielfalt merklich steigern. Deshalb solle man den Biber wo immer möglich wirken lassen: Er krampfe gratis für die Biodiversität. Gewässer mit Biber seien zudem auch widerstandsfähiger gegen den Klimawandel.
Naturschützer befürchten unnötigen Abschuss
Die Befürchtung von Pro Natura, WWF und Birdlife Schweiz ist es, dass der Biber künftig präventiv geschossen wird, quasi als einfachstes Mittel. Denn als «Schaden» wird in der revidierten Jagdverordnung bereits «der Beginn der Tätigkeit des Bibers, das heisst das Untergraben vor Einsturz oder das Aufstauen vor der Überflutung» bezeichnet. «Uns schockiert, was der Bund beabsichtigt», sagt Pro Natura. «Hier werden Tür und Tor geöffnet, den Biber breit zu bejagen.» Das betreffe potenziell sehr viele Tiere.
Gibt es in der Schweiz zu viele Biber? Soll ihr Schutz fallen? Oder müssen wir Biber dulden – weil sie wertvoll sind für die Artenvielfalt? Diskutieren Sie mit!