Für die Wanderung ins Lavaux, die Weinbauregion am Genfersee, die das Unesco-Welterbe-Siegel trägt, braucht es aus dem Osten der Schweiz eine etwas längere Anfahrt. Aber es lohnt sich. Der Wandertipp für den Oktober von SRF-Outdoor-Reporter Marcel Hähni.
In das Lavaux bin ich sozusagen auf Einladung gereist. Per E-Mail wurde ich freundlich darauf hingewiesen, dass man auch in der Westschweiz sehr schön wandern kann. Meine Französischkenntnisse sind beschränkt, deshalb habe ich diese Region bis jetzt sträflich vernachlässigt. Das war ein Fehler.
Damit ich nicht sprachlos durch die Rebberge wandern muss, begleitet mich Franziska Werren. Sie ist Guide für das Lavaux und spricht perfekt Deutsch und Französisch. Franziska Werren führt mich durch unzählige kleine Wege, die ich ohne sie im Rebberg, direkt am Genfersee – «pardon» – dem Leman, nie gefunden hätte.
Leman ist ein keltisches Wort und heisst grosses Wasser. Daher sagt man hier dem See nur Leman.
Die Bezeichnung «Genfersee» ist hier verpönt und auch das «Lac» unnötig. Leman, ein keltisches Wort, heisst grosses Wasser. Daher nennt man den See hier nur Leman. Durch Franziska Werren erfahre ich auch, dass es Mönche waren, die im 11. Jahrhundert die Kulturlandschaft des Lavaux gestaltet haben.
Heute verbindet der Wanderweg durch den Rebberg am Lavaux vierzehn gut erhaltene Dörfer, die alle über mehrere Generationen ihre eigenen Winzerfamilien und eigenen Wein hervorgebracht haben. Der Rebberg selbst ist auf 40 Ebenen verteilt, bestehend aus 10'000 Terrassen und rund 450 Kilometern Mauerwerk.
Geschichtsträchtiger Weinberg
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Bild 1 von 7Legende: 1000 Jahre Rebenanbau Seit dem 11. Jahrhundert werden im Lavaux, oberhalb des Genfersees, Reben angebaut und kultiviert. Die Weinberg-Terrassen wurden einst von Mönchen geschaffen. Seit 2007 ist das Weinbaugebiet als Weltkulturerbe anerkannt. Keystone/Jean-Christophe Bott
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Bild 2 von 7Legende: Unterschiedliche Erde Lavaux und die ganze Region hier sind durch Gletscher geformt worden. Über die ganze Länge ist der Boden unterschiedlich, sodass ganz verschiedene Traubensorten angepflanzt werden. SRF 1/Marcel Hähni
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Bild 3 von 7Legende: Grösstes Weinbaugebiet der Schweiz Mit über 800 Hektaren Rebfläche sind die Weinberg-Terrassen des Lavaux das grösste zusammenhängende Weinbaugebiet der Schweiz. Keystone/Jean-Christophe Bott
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Bild 4 von 7Legende: Sonne, Wasser und Steinmauern Die terrassenförmig angelegten Rebberge profitieren von dreifacher Sonnen-, respektive Wärmestrahlung: die direkte von der Sonne, die der Reflexion vom Genfersee und die der gespeicherten Wärme der rund 450 Kilometer langen Steinmauern. Keystone/Jean Christophe Bott
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Bild 5 von 7Legende: Weinbauern seit 1552 Marcel Hähni (l.) besucht auf seiner Wanderung im Lavaux Patrick Fonjallaz (r.) mit seinem Hund Daisy in Epesses. Dort produziert seine Familie seit 1552 Wein. Fonjallaz gehören somit zu den ältesten Winzerfamilien der Schweiz. Auch der legendäre Komiker Charlie Chaplin gehörte zu den Kunden der Familie. SRF/Marcel Hähni
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Bild 6 von 7Legende: Charlie oder nicht Charlie? Als der damals siebenjährige Patrick Fonjallaz zum ersten Mal Charlie Chaplin auf dem Weingut seiner Eltern traf, konnte er nicht glauben, dass dieser ältere Mann mit weissem Haar der legendäre Komiker war. Archiv Patrick Fonjallaz
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Bild 7 von 7Legende: Wichtiger Wirtschaftszweig Das Lavaux, wie es heute besteht, ist über Jahrtausende entstanden. Es ist die Lebendsgrundlage von über 100 Winzerfamilien und ein wichtiger Wirtschaftszweig für den Kanton Waadt. Keystone/Andree-Noelle Pot
Mein Wandertipp führt über knapp 6 Kilometer in gut 1 Stunde 40 Minuten von Cully nach Rivaz. In Rivaz kann man zudem das Vinorama am See unten besuchen. Dort kann man alle angebauten Weine degustieren.
Auf den Spuren von Charlie Chaplin im Weinberg
Die Familie von Patrick Fonjallaz aus Epesses produziert in der 13. Generation seit 1552 Wein und gehört zu den ältesten Winzerfamilien der Schweiz. Auch der legendäre Komiker Charlie Chaplin, der hier in Corsier-sur-Vevey wohnte, gehörte zu den Kunden der Familie. Als dem damals siebenjährigen Patrick Fonjallaz der grosse Komiker auf dem Weingut seiner Eltern angekündigt wurde, war er über den älteren, weisshaarigen, dicklichen Mann, der Charlie Chaplin sein sollte, erstaunt.
Er sprach Chaplin in einem unbeobachteten Augenblick darauf an, sodass dieser eine Geste aus seinem Film «Der grosse Diktator», eine Satire auf Adolf Hitler und den Nationalsozialismus, imitierte und den kleinen Patrick so überzeugen konnte.
Wir pflanzen für 50, 60 Jahre, so kann es nicht sein, dass wir jedes Jahr einen neuen Wein haben.
Patrick Fonjallaz liebt es, über die Reben, den Wein und den Rebberg zu sprechen. Er zelebriert es eher und kann nicht verstehen, warum er bei seinen Besuchen in der Deutschschweiz immer wieder gefragt wird, ob er einen neuen Wein im Sortiment habe. «Wir pflanzen für 50, 60 Jahre, so kann es nicht sein, dass wir jedes Jahr einen neuen Wein haben.» Der Weinbau ist eine Lebensaufgabe für Patrick Fonjallaz, dessen Anwesen man heute für Hochzeiten und Festessen mieten kann.
Im Dezember 2005 nominierte das Bundesamt für Kultur (BAK) das Lavaux als Unesco-Welterbe. Nach eingehender Prüfung durch die Unesco wurde das Weinbaugebiet am Genfersee im Juni 2007 mit dem Unesco-Welterbe-Siegel ausgezeichnet.