Ab Dezember 2038 dauert die Fahrt von La Chaux-de-Fonds nach Neuenburg dank neuer Tunnels nur noch 14 Minuten. Ab Juni 2034 nähern sich Bern und Wallis dank einer zweiten Röhre im Lötschberg-Basistunnel an. Viele weitere Projekte sind unter anderen in Zürich, Basel, Genf und Luzern geplant.
Weichenstellung für die Zukunft
Bis 2035 soll die Bahninfrastruktur so ausgebaut sein, dass 30 Prozent mehr Passagiere befördert werden können. Die Schweiz will bis 2050 klimaneutral sein, wobei der Umstieg von der Strasse auf die Schiene entscheidend ist. Das Ziel: den Marktanteil von Zug und Bus verdoppeln.
Für die verschiedenen Ausbauschritte von 2023 bis 2035 hat das Parlament 25 Milliarden Franken für über 300 Projekte bewilligt. Ein Drittel ist in Betrieb, der Rest in Bau oder Planung. Diese Ausbauten verbessern das Angebot.
Nothalt verlangt
Nicht alle haben Freude am Bahnausbau, allen voran Benedikt Weibel. Als SBB-Chef von 1993 bis 2006 hat er durch die Einführung der Bahn 2000 das Angebot stark ausgebaut. Doch jetzt fordert er einen Baustopp aller Bahnausbauten, die das Parlament beschlossen hat.
Wir fahren die SBB an die Wand.
Mit dem «Bahninfrastrukturfonds» steht viel Geld für Investitionen parat. Weibel kritisiert jedoch fehlende Angebotskonzepte. Es werden Milliarden für Infrastrukturausbauten beschlossen, bevor diskutiert wird, wie die neuen Geleise sinnvoll genutzt werden können.
Wer trägt die Folgekosten?
Laut Weibel hat der Fokus auf den Ausbau fatale Folgen: Die Investitionen verursachen höhere Systemkosten, ohne dass der Marktanteil der Bahn steige. Jeder investierte Franken bringe 7 Prozent Folgekosten. Seit 2006 stiegen die Leistungen von Bund und Kantonen an die SBB jährlich um 5 Prozent auf aktuell rund 4 Mrd. Franken
Die bewilligten Investitionen von 25 Mrd. Franken erhöhen die Folgekosten um 1.6 Mrd. CHF pro Jahr. Weitere Investitionen von über 20 Mrd. CHF sind für 2026 geplant, was zusätzliche 1.4 Mrd. Franken pro Jahr bedeutet. Weibel hält dies für nicht finanzierbar.
Geld für die Bahn ja, aber vernünftig investiert
Von einem Baustopp will das Parlament nichts wissen. Auch Ueli Stückelberger, Direktor vom Verband öffentlicher Verkehr hält nichts von einem Marschhalt.
Die wachsende Schweiz braucht einen wachsenden ÖV.
Jedoch plädiert auch er für einen vernünftigen Ausbau. Es muss nicht alles gebaut werden, was möglich ist. Ein Ausbauprojekt dürfe nie Selbstzweck sein, es müsse immer ein Angebotskonzept hinterlegt sein.
Wenn nicht Ausbau, was dann?
Benedikt Weibel befürwortet eine bessere Nutzung der bestehenden Bahnnetze, um mit geringen Investitionen 25 Prozent mehr Zugkilometer anzubieten. Mögliche Massnahmen sind:
- Harmonisierung von Geschwindigkeiten durch neue Haltepolitik und Sortierung der Züge
- Optimierung des Rollmaterials für bessere Beschleunigung und mehr Sitzplätze
- Verbesserung der Gleislayouts für schnellere Ein- und Ausfahrten
- Digitalisierung der Zugsteuerung für kürzere Zugfolgen
Ueli Stückelberger warnt davor, die Digitalisierung als Lösung aller Probleme zu darzustellen. Zudem mache eine Verdichtung des Fahrplans das System störungsanfällig.
Diskutieren Sie mit
Ist der vom Parlament beschlossene Bahnausbau nötig oder übertrieben? Welche Ausbauprojekte sind dringend, auf welche kann man verzichten? Und kann das bestehende Netz tatsächlich besser genutzt werden? Diskutieren Sie mit in den Kommentaren.