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Digital Automobilsalon Genf: Die wahren Werte unserer Autos sind digital

Auch dieses Jahr werden die Hostessen am Autosalon in Genf neben den begehrtesten Power-Boliden stehen. Statt blinkenden Chrom und protzende Pferdestärken sollten sie aber besser den Bits und Bytes zu Glanz & Gloria verhelfen – denn die eigentliche Sensation heutiger Autos ist die Software.

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«Software im Auto holt keine Hostess hinter dem Ofen hervor - aber Software im Auto bringt's!» (SRF 3)
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Wer einen Tesla fährt, fährt eine Wundertüte, denn vor dem letzten Software-Update fuhr der Besitzer am Abend noch selber, am nächsten morgen tat’s das Auto dann fast von alleine. Der Hersteller beschreibt diese «Magie» auf seiner Website so: «Die Software-Version 6.1 fügt den verkehrsadaptiven Tempomaten, die Frontkollisionswarnung und die kameragesteuerte Fernlichtautomatik hinzu.»

Für den Autopiloten musst der Tesla S-Fahrer seinen Wagen nicht in die Werkstatt bringen, damit ein Mechaniker zusätzliche Steuerteile und Sensoren einbauen konnte – die Aktualisierung der Software genügte.

Unsere Autos sind zu Software auf Rädern geworden

Der Vorgang ist beispielhaft für eine Entwicklung, die alle unsere Autos betrifft, nicht nur den Tesla: Sie haben sich in wenigen Jahren von mechanischen Maschinen hin zu rollenden Datenverarbeitungszentralen verwandelt.

Damit die Software in einem Auto ihre Arbeit verrichten kann, muss sie aber zuerst mit Daten gefüttert werden – in Millisekundenbruchteilen und permanent. Die Datenlieferanten sind Sensoren. Aktuelle Modelle sind mit ihnen vollgepackt.

Sensoren – die Sinne unserer Autos

Mems

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Legende: bosch sensortec

Mems haben feine Strukturen aus Silizium, die sich bei Bewegung um Bruchteile eines Tausendstelmillimeters verschieben. Software analysiert den dabei sich verändernen Strom und leitet daraus Druck, Beschleunigung, Drehraten, Massenfluss und das Erdmagnetfeld ab – in allen drei Achsen. Dazu sind Mems auch in jedem Smartphone verbaut.

Ein Meilenstein für den Einsatz von Sensoren in Autos war die Einführung des Antiblockiersystems ABS. Damit ABS funktioniert, befindet sich an jedem Rad ein Sensor, der die Drehzahl misst. In den 80er-Jahren rüsteten die Hersteller immer mehr Wagen mit ABS aus, bald wurde es zum Standard.

Heute ist ABS nur eines von unzähligen Assistenz-Systemen, die über Sensoren mit Daten versorgt werden. Es benötigt fünf bis zehn Sensoren. Zusammen mit ABS kommen schnell 20 Sensoren zusammen, die in aktuellen Autos stecken, es können aber auch 50 und mehr sein, zum Beispiel in Modellen mit aktivem Fahrwerk.

Neben ABS waren die ersten Sensoren Klopfsensoren für die Motorsteuerung, danach kamen die Airbag-Sensoren und neu hinzugekommen sind in den letzten Jahren die Kamera-, Radar- und Lidar- sowie Mikrowellensensoren zur «Abtastung» der Umwelt.

Sensoren überwachen fast alles im Auto und ums Auto herum, zum Beispiel das Betätigen des Gaspedals, die Stellung des Lenkrads, die Leistungsabgabe des Motors, die Position des Fahrzeuges, den toten Winkel neben dem Auto, Druck, Beschleunigung, Drehraten, Massenfluss und das Erdmagnetfeld – in allen drei Achsen. Dazu kommen Mems zum Einsatz, eine Abkürzung für Micro-Electro-Mechanical-Systems (siehe Kasten).

Algorithmen entscheiden für uns in Millisekunden

Noch nie waren in einem Auto so viele Daten vorhanden, um die Fahrsicherheit und den Komfort zu steigern. Nun braucht es Software (Algorithmen), die das beste aus den Daten herausholt. Die Software steht im Zentrum der Digitalisierung des Autos.

Neue Funktion: Software genügt

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Die Müdigkeitserkennung: Ein Algorithmus wertet das Fahrverhalten aus und zieht Rückschlüsse auf die Wachheit des Fahrers. Die Daten dazu liefert der Lenkwinkelsensor, der als Teil des ESP sowieso an Bord ist. Die Funktion ist daher im Prinzip mit einem reinen Software-Update ohne Zusatzinstallationen «aufschaltbar».

Beispiel: Die Optimierung von Airbags. Sie werden ausgelöst durch Beschleunigungssensoren, die registrieren, wenn das Auto abrupt zum Stillstand kommt. Aber Unfall ist nicht gleich Unfall. Ein leichter Aufprall, wie er beim Einparken vorkommen kann, erfordert keine Aktivierung des Airbags. Umgekehrt muss der Sack bei einem Frontalcrash mit hoher Geschwindigkeit ohne Verögerung ausgelöst werden. Ein neues Assistenzsystem macht den Airbag «hörend», er kann die Gefahr «kommen hören». Ein Sensor registriert dafür den Schall, der bei einem Aufprall an der Fahrzeugfront entsteht, wenn sich die Karosserie verformt.

Ein Algorithmus analysiert nun aus dem Geräusch die Art des Unfalls und entscheidet in Millisekunden Massnahmen: Nicht nur, ob die Airbags ausgelöst werden müssen sondern auch, mit welcher Kraft das geschieht und ob die Gurte gestrafft werden müssen oder nicht.

Noch bessere Entscheidungen durch mehr Sensoren

Auch andere Sensoren beeinflussen den Eintscheidungsprozess. Ein Abstandsensor kann beispielsweise feststellen, wie weit ein potenzielles Hindernis für einen Crash vom Auto entfernt ist, und unter Berücksichtigung der Geschwindigkeit bereits auf die Art des Unfalls schliessen. Zusammen mit den Informationen mit des Schallsensors kann die Software die Auslösung der Airbags dann noch präziser steuern.

Aktoren: Die Handelnden

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Der Mensch wird als Fahrer unterstützt durch Aktoren. Sie setzen die Befehle um, die die Software berechnet hat aus den Sensor-Daten. In heutigen Autos gibt es dutzende Aktoren, zum Beispiel fürs Gaspedal, für die Lenkung, für die Handbremse, für die Schaltung - oder auch nur für die Türverriegelung und die Fenster.

Aus Sicherheitsgründen hat die Sensorfusion allerdings auch Grenzen: Es gibt im Fahrzeug getrennte Systeme für die Fahrassistenz und die Sicherheit (Airbag/Gurtsysteme). Sie kommunizieren nicht oder nur eingeschränkt miteinander, um Beeinflussungen von aussen, zum Beispiel Hackerangriffe, möglichst zu vermeiden.

Fahrzeuge werden selbst zum Sensor

Die Sensoren arbeiten nun zusammen, die Algorithmen sind mit reichlich Daten versorgt – jetzt kommt noch die Vernetzung zwischen den Autos ins Spiel. Car-To-X-Kommunikation ist Sensorfusion auf ganz hohem Niveau. Schlussendlich kann jedes Auto die Daten der anderen Autos nutzen.

Beispiel: Ein Auto fährt auf einer Strasse, gerät auf Glatteis, schleudert leicht. Die Sensoren registrieren den Vorfall, behalten ihn aber nicht für sich sondern schicken die Daten ans nächste Auto, das nun vorgewarnt ist.

Fahrzeuge werden künftig also selbst zu einem Sensor, der Umfeldinformationen sammelt und untereinander oder mit einem Server austauschen, sogenannte Floating Car Daten generieren im grossen Stil: Big Data.

Neue Geschäftsfelder

Die Automobilbranche setzt auf Big Data, weil die als vernetzte Sensoren herumfahrenden Autos neue Dienstleistungen ermöglichen. Mithilfe der Daten des Regensensors und der Stärke der Scheibenwischer vieler Autos ist es zum Beispiel möglich, Regenfronten sehr genau zu lokalisieren. Autohersteller könnten in Zukunft also neue Wetterdienste etablieren.

Eine andere Anwendung aus Big Data können dynamische Karten sein zur Verbesserung der Fahrzeugsicherheit. Während der Fahrer nur eine Kurve sieht, weiss die Navigation schon, dass dahinter ein Stauende ist. So kann vermieden werden, dass der Fahrer in die stehende Kolonne rast – das System kann ihn warnen oder automatisch einen Bremsvorgang einleiten. Oder bei einer Schwelle in der Strasse automatisch einen Meter vor der Überfahrt das Fahrwerk zwanzig Zentimeter höher stellen.

Keine Zukunftsmusik

Neuste Schätzungen gehen davon aus, dass es schon 2020 weltweit mehr als 250 Millionen «Connected Cars» geben wird. Jeder vierte Wagen soll dann drahtlos ans Internet angeschlossen sein.

Der am Anfang erwähnte Tesla gehört schon fast dazu: Der Fahrer kann in Kombination mit dem GPS-Empfänger Voreinstellungen treffen, damit der Wagen automatisch an bestimmten Orten via adaptivem Fahrwerk höher oder tiefer gelegt wird. Jetzt fehlen nur noch die Karteninformationen, dank denen das Auto selber weiss, wo die Schwellen sind.

Der Schritt dazu ist nicht mehr weit und die Entwicklung rennt in Siebenmeilenstiefeln – und nicht in High Heels der Hostessen am Genfer Autosalon.

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