«Wir haben uns amüsiert, hatten Fun», erinnert sich Nick Nussbaum. Hier ein Salto, da ein «Helikopter», also eine Drehung in der Luft: «Kein Hügel, kein Buckel war vor uns sicher – das war für uns Freestyle».
Nick Nussbaum ist im Tessin aufgewachsen und war in den 1970er-Jahren Mitgründer von «Sci Hot Dog Ticino». Die Gruppe bestand aus jungen, wilden Skifahrern, denen es nicht genügte, einfach nur den Hang herunterzufahren.
Der Begriff «Hot Dog» stand damals für einen besonders spektakulären, verspielten Fahrstil. «Wir haben Skiakrobatik, Skiballett trainiert, sind Buckelpisten gefahren, Schanzen gesprungen – es ging nicht ums Tempo, sondern ums Fliegen, Drehen und Landen.»
Im Engadin hängen geblieben
Anfang der 80er-Jahre ging Nick Nussbaum gemeinsam mit Bruder Marco ins Engadin, mit dem Plan, einige Jahre als Skilehrer zu arbeiten. Inzwischen steckt er in seiner 43. Saison als Privatskilehrer, die Bündner Berge sind längst zur Heimat geworden. «Das ist kein Job, das ist meine Passion», sagt er. «Solange ich auf den Ski stehen kann, mache ich weiter.»
Auf den Ski zu stehen, ist das eine. Das andere, weitaus Spektakulärere ist es, auf den Ski durch die Luft zu wirbeln. Eine Fähigkeit Nussbaums, die nicht unentdeckt blieb. «Man kannte uns im Engadin. Wir waren die verrückten Brüder aus dem Tessin.» So verrückt, dass Filmemacher und Designer Willy Bogner auf sie aufmerksam wurde.
Vom Skilehrer zum Stunt-Double
Bogner zählte in den 1960er-Jahren zu den besten deutschen Skifahrern. Nach der Sportkarriere hat er sich in der Filmbranche einen Namen gemacht. «Willy suchte für einen Film einen Snowboarder, der auch springen kann», erzählt Nussbaum, der auf dem Brett ebenfalls eine gute Figur abgab. «Also habe ich diesen Job übernommen. Später hat er mich auch für Ski-Stunts engagiert.»
So spielte der Wahl-Engadiner unter anderem als Stunt-Double im Actionklassiker «Fire and Ice» mit.
«Solche Dreharbeiten waren aufwändig und teuer, mit Helikopter und schweren Kameras.» Eine Szene in den Kasten zu kriegen, war entsprechend anspruchsvoll. «Mit Smartphone und Drohnen hat man heute ganz andere Möglichkeiten.»
Auch das Level der Tricks und Stunts hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. «Entscheidend ist aber immer noch der Style – es muss schön sein, zuzuschauen.»
Beispielsweise an der Freestyle-WM im Engadin, an der sich die Topstars der Ski- und Snowboardszene messen.
«Das ist ein Traum, ein einmaliges Spektakel, das ich einerseits als Helfer, andererseits als Zuschauer vor Ort mitverfolgen werde.»
Einziger Wermutstropfen: Sohn Nalu, ein Schweizer Nachwuchstalent im Freeskiing, konnte sich nicht für den Event qualifizieren. «Das ist schade, aber er hat es akzeptiert.»
So ein kleiner ‹Three-sixty› liegt schon noch drin.
Auch Vater Nick musste akzeptieren, dass im Alter nicht mehr jeder Trick möglich ist. «Vor drei Jahren war ich zum letzten Mal auf einem grossen Kicker», schmunzelt Nussbaum. Er habe sich beinahe in die Hose gemacht. «Aber so ein kleiner ‹Three-sixty› über etwas kleinere Schanzen liegt schon noch drin.»
Was auf jeden Fall bleibt, ist die Freude am Skifahren – und die Erinnerungen an eine actionreiche Zeit. Ob in der Freizeit, für Film- oder Fotoaufnahmen: «Ich durfte die schönsten Hänge herunterfahren, über Gletscher und Klippen springen – da konnte ich zeigen, was ich kann.»