In den letzten Jahren hat sich einiges getan im Bereich Chancengleichheit in der Wissenschaft. Frauen sind jedoch immer noch nicht auf allen Stufen innerhalb der Forschung repräsentativ vertreten. Der «Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft» bietet die Gelegenheit einer Bestandesaufnahme.
Frauen in der Wissenschaft
Dr. Andrea Zimmermann forscht an der Universität Bern zu Geschlechterfragen. Sie weist darauf hin, dass die Frauenquote bei ordentlichen Professuren nur bei 22 Prozent liegt, obwohl es im Bereich der Doktorate mittlerweile besser aussieht. Die Situation in der Wissenschaft sei kein Einzelfall: «Wie in vielen gesellschaftlichen Bereichen zeigt sich: Je höher wir in der Hierarchie sind, desto mehr Männer sind vertreten.»
Was bedeutet ein Ungleichgewicht in der Wissenschaft für den Alltag von Frauen? Konsequenzen liegen im Gesundheitsbereich. So sterben noch immer mehr Frauen an einem Herzinfarkt als Männer, da lange Zeit der Mann als Standard für die Symptome galt. Das Bewusstsein dafür, dass Frauen andere Symptome haben, die Dosierung von Medikamenten und die Forschung entsprechend angepasst werden müssen, rückte erst in den letzten paar Jahren in den Fokus.
Auch andernorts im Alltag lässt sich beobachten, was die Untervertretung von Frauen in Wissenschaft, Entwicklung und Planung für Konsequenzen hat. SRF-Wissenschaftsredaktorin Cathrin Caprez nennt vier Beispiele.
Sexualkunde im Verzug
Eine grosse Mehrheit der dreizehnjährigen Mädchen weiss bis heute nicht, was die Klitoris ist. Auch nicht was ihre Funktion ist, nämlich Lustempfinden. Ein Grund dafür ist, dass die Klitoris noch bis vor wenigen Jahren in den wichtigsten deutschen Anatomiebüchern nicht als Ganzes abgebildet wurde.
Lücken des öffentlichen Verkehrs
Der öffentliche Verkehr ist oft besonders gut auf die Erreichbarkeit des Bahnhofs ausgelegt. Davon profitieren vor allem berufstätige, zur Arbeit pendelnde Menschen. Bewegt man sich jedoch kreuz und quer durch eine Stadt, ist die Abdeckung deutlich schlechter.
Benachteiligt sind dadurch Personen, die zum Beispiel mit Kindern unterwegs sind oder Besorgungen machen müssen. Da diese Aufgaben statistisch gesehen immer noch mehrheitlich Frauen übernehmen, sind sie davon auch stärker betroffen.
Die Grundlage von KI
Künstliche Intelligenz muss mit Daten trainiert werden. Diese Trainingsdaten bestehen zu einem grossen Teil aus Daten zu und von weissen Männern.
Ein bekanntes Beispiel ist die Bilderkennung und -generierung. So können KI-Modelle Bilder von weissen Männern viel besser erkennen oder erstellen als Bilder von Frauen oder Personen mit anderer Hautfarbe. Auch reproduzierte Vorurteile sind ein Problem bei den Ergebnissen.
Die Planung öffentlicher Toiletten
Ein bekanntes Beispiel: Frauen haben im Durchschnitt länger beim Toilettengang, als Männer. Dennoch wird dies in der Gebäudeplanung zu wenig beachtet. Das Ergebnis ist langes Anstehen.
Doch Nachteile daraus entstehen auch im Umkehrschluss: Auf vielen Männertoiletten gibt es noch immer keinen Wickeltisch. «Wenn also Väter mit ihren kleinen Kindern unterwegs sind, sind auch sie davon betroffen, dass man öffentliche Einrichtungen noch nicht gleichberechtigt plant und baut.»
Ein höherer Frauenanteil in der Wissenschaft vergrössert die Chance, dass vielfältiger geforscht wird. Alltägliche Ungleichheiten können durch eine ausgeglichenere Datenlage und Forschung besser verhindert werden.