Frauen sterben häufiger an den Folgen eines Herzstillstandes als Männer. Sie kommen nach einem Herzstillstand seltener auf die Intensivstation. Wenn doch, erhalten sie weniger Therapien. Das zeigt eine Studie des Universitätsspitals Basel und der Universität Basel.
1. Frauen werden nach einem Herzstillstand schlechter behandelt als Männer. Gibt es biologische Gründe dafür?
Männer erleiden einen Herzstillstand häufiger in jüngeren Jahren als Frauen. Später kehrt sich dieses Verhältnis um. Frauen sind zum Zeitpunkt des Herzstillstands also tendenziell älter. Und leiden dadurch auch häufiger an Begleiterkrankungen. Das könnte gemäss Studie eine biologische Erklärung sein, warum Frauen in dieser Studie ein höheres Sterberisiko haben als Männer.
Doch das erklärt nicht, warum Männer rascher und ausgiebiger behandelt werden. Gemäss der Studie hat dies nicht mit biologischen Gründen zu tun. Sondern mit Denkmustern, die Männer bevorzugen. Und mit soziokulturellen Faktoren, also was von Frauen und Männern gesellschaftlich erwartet wird und wie sie sich zu verhalten haben. Um solche Erwartungen berücksichtigen zu können, hilft der Begriff Gender.
2. Welche soziokulturellen Faktoren erklären laut Studie die Ungleichbehandlung?
Eine mögliche Erklärung hinsichtlich Gender sind traditionelle Geschlechterrollen, wie das Sorgen für Andere. Es kann sein, dass Frauen deshalb später medizinische Versorgung für sich in Anspruch nehmen als Männer. Zudem könnten ältere Frauen bei Herzstillständen weniger oft Hilfe ausserhalb eines Spitals erhalten, da sie öfter allein leben. Es braucht aber weitere Studien, um die soziokulturellen Erklärungen zu finden.
Um das besser verstehen zu können, hilft es sehr, das biologische Geschlecht (Englisch Sex) und das soziale, gefühlte und gelebte Geschlecht (Englisch Gender) mit einzubeziehen. Denn alle diese Aspekte von Geschlecht können einen Einfluss auf den Körper und somit auf die Gesundheit haben.
3. Was kann die Gendermedizin an Nutzen bringen?
Sie kann eine bessere Medizin für uns alle ermöglichen. Mithilfe verschiedener Kategorien zu Gender können wir nach Antworten suchen, auf Fragen wie: Warum haben Frauen häufiger Multiple Sklerose? Wie reagieren intergeschlechtliche Menschen auf bestimmte Medikamentendosen? Was sind mögliche Einflüsse einer non-binären Geschlechtsidentität auf die Gesundheit? Warum bleiben Depressionen bei Männern häufiger unentdeckt? Wichtig dabei: Die Umwelt und die Gene sind in einer kontinuierlichen Wechselwirkung. Soziale Erwartungen beeinflussen unser Verhalten - unser Verhalten wiederum unsere Gene. Und diese haben dann wieder einen Einfluss auf unser Verhalten.
4. Ist es neu, dass Männer und Frauen in der Notaufnahme unterschiedlich behandelt werden?
Nein, auch Studien zur Gabe von Schmerzmedikamenten in Notaufnahmen zeigen ein ähnliches Bild. Eine Studie von 2024 wies nach, dass Frauen weniger rasch Schmerzmedikamente in Notaufnahmen erhalten als Männer mit gleich starken Schmerzen. Zudem müssen Frauen durchschnittlich 30 Minuten länger auf Behandlung warten. Dasselbe Szenario untersuchte eine andere Studie von 2024. Und schaute dabei nicht nur auf Diskriminierung aufgrund von Gender, sondern auch auf möglichen Rassismus.
Sie zeigt: Bei gleichem Schweregrad wurden weisse Männer eher als dringlicher Notfall eingestuft als weisse Frauen. Nicht-weisse und hispanische Frauen hatten die tiefste Wahrscheinlichkeit, als dringlich eingestuft zu werden.