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ein grosses Spotify Logo an der Börse in New York
Legende: Das Spotify-Logo an der New York Stock Exchange, der grössten Wertpapierbörse der Welt. Lucas Jackson

Ist dir Musik egal? Spotify: Millionen für Fussball, Militär-KI und Trump

Einen Brunch und 140'000 Franken Unterstützung für Donald Trump – für die Streaminplattform «business as usual», für unabhängige Musikschaffende schon fast zynisch. Ein Kommentar.

Liebes Spotify,

das muss eine tolle Sause gewesen sein, dieser Brunch, den du veranstaltet hast, zur Amtseinführung von Donald Trump. Ausserdem hast du rund 140'000 Franken für die Einweihungsfeier des neuen, alten Präsidenten gespendet. «Business as usual» sei das, schreibst du in deiner Erklärung ans Branchenportal «Bloomberg».

Gisela Feuz

SRF-Musikredaktorin

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Gisela Feuz ist Gesellschafts- und Musikredaktorin für SRF 2 Kultur und SRF 3 und Teil der Sounds! Zentrale, dem Podcast für Musik und Popkultur.

Ich bin vielleicht etwas naiv. Aber sollte dein Anliegen nicht eigentlich die Musik sein? Spielt Donald Trump jetzt etwa auch noch Gitarre und hat eine Band gegründet?! Bitte nicht.

Spotify Camp Nou

Du bist bekannt dafür, dass du gerne tief in die Taschen greifst. Seit 2022 bist du Hauptsponsor beim FC Barcelona. Unter anderem prangt dein Schriftzug auf den Trikots der Spieler und das altehrwürdige Stadion wurde in Spotify Camp Nou umgetauft. Alles in allem soll dich der Sponsoring-Deal rund 270 Millionen Franken kosten, schreibt das Wirtschaftsmagazin «Fortune». Du selbst nennst es eine «bahnbrechende Allianz».

Spieler der FC Barcelona laufen unter einem Spotify Balken ein.
Legende: «Spotify» am Stadion, im Stadion und auf den Trikots des FC Barcelona. Getty Images/Europa Press

Liebes Spotify, die unabhängige Musikszene würde sich auch über eine bahnbrechende Allianz freuen. Es müssten nicht mal Trikots oder ein Brunch mit Cüpli und Lachsbrötli sein. Es würde schon reichen, wenn du zum Beispiel Schweizer Musikschaffen anständig vergüten würdest.

Nur die Hälfte ausbezahlt

Ein Beispiel: Singer-Songwriter Christoph Trummer hat seine Abrechnung für 2024 öffentlich gemacht. Insgesamt wurden seine Lieder rund 63'000-mal auf deiner Plattform gestreamt. Trummer singt in Mundart, entsprechend ist die Hörendenschaft auf die Deutschschweiz limitiert. Ausserdem hatte er letztes Jahr keinen neuen Release. In Anbetracht dieser Umstände sind die 63'000 Streams eine ganz ordentliche Zahl.

So geht die 1000-Streams-Regel

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Spotify bezahlt zwischen 0,3 und 0,5 Rappen pro Stream. Seit 2024 muss ein Song mindestens 1000-mal in einem Jahr abgespielt werden, um in die Berechnung der Tantiemen einbezogen zu werden. Die ersten 999 Plays werden nicht vergütet.

Die Regelung benachteiligt Musikschaffen im Nischenbereich wie Musik in Schweizer Mundart. Nach eigenen Aussagen will Spotify mit der 1000er-Regel gegen nicht-musikalische Inhalte und Betrugsversuche vorgehen. Ausserdem würden bei der Transkation von vielen Kleinstbeträgen hohe Kosten entstehen.

Ausbezahlt hast du Trummer aber nur die Hälfte seiner Streams. Den Rest hast du mit deiner 1000er-Regel, die seit letztem Jahr in Kraft ist, quasi als wertlos, Spam oder Betrug deklariert.

Klar doch. Mit zehn Franken im Monat kommt man nicht weit. Aber es geht um etwas Anderes: um Anerkennung und Wertschätzung von Arbeit und musikalischem Schaffen.

Was würdest du davon halten, wenn alle deine Mitglieder sich dazu entscheiden würden, ab sofort nur noch die Hälfte der Abogebühr zu bezahlen, weil sie einen Teil deiner Arbeit als wertlos erachten? Kein gutes Gefühl, oder?

Investition in Militär-KI

2021 berichtet die «Financial Times» darüber, dass dein CEO und Mitbegründer Daniel Ek rund 95 Millionen Franken in ein Verteidigungsunternehmen investiert habe. Die Firma Helsing entwickelt unter anderem eine KI, die zur Unterstützung militärischer Operationen auf dem Schlachtfeld eingesetzt werden kann. Sie soll in der Lage sein, Wärmebilder und Radare auszuwerten, um sich ein genaues Bild von der jeweiligen Situation zu machen.

Liebes Spotify, man muss keine militärische KI sein, um zu erkennen, dass dir musikalische Nischen und Diversität kein Anliegen sind. Ehrlich gesagt habe ich den Eindruck, dass dir Musik per se ziemlich egal ist. Du feierst gerne mit den Grossen und Einflussreichen und optimierst deine Plattform, dass sie mehr Geld abwerfen möge. «Marktwirtschaft halt», wirst du jetzt wahrscheinlich sagen und mit den Achseln zucken. Aus der Sicht vieler Musikschaffenden könnte man es auch «Zynismus» nennen.

Radio Virus, 30.01.25, 8:05 Uhr

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