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Musik im US-Wahlkampf So wichtig ist Musik in der Politik

Mit einzelnen Songs gewinnt man wahrscheinlich keine Wahl. Und doch sollte Musik im Wahlkampf nicht unterschätzt werden.

Kamala Harris und Donald Trump wissen genau, in welche Kamera sie sprechen, wann sie die grossen Gesten auspacken müssen und wann die Musik einsetzt. Wahlkampfveranstaltungen sind in den USA perfekt inszenierte Events, bei denen sämtliche Unterhaltungs-Register gezogen werden.

Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris winkt am Parteitag der Masse zu
Legende: US-Wahlkampf bedeutet auch: gigantische Shows. Keystone/AP Photo/Jacquelyn Martin

Wenn das Duo Harris/Walz einen öffentlichen Auftritt absolviert, ist oft ein DJ mit von der Partie, der das Publikum mit Disco-Heulern in Stimmung versetzt.

In Atlanta heizt die dreifache Grammy-Gewinnerin Megan Thee Stallion den Anwesenden ein, bevor Kamala Harris die Bühne betritt. Sie tut das zu «Freedom» von Beyoncé, einer politisch aufgeladenen Hymne der Black Community. Harris findet breite Unterstützung in der Musikwelt. So haben sich zum Beispiel Taylor Swift, Charli xcx und Ariana Grande für die demokratische Kandidatin ausgesprochen.

Country ist kein Garant mehr

Derweilen tut sich der Kontrahent Donald Trump schwer, Rückhalt im Musikbusiness zu finden. Früher konnten republikanische Kandidaten noch auf Unterstützung aus dem Country-Business zählen. Doch das Genre hat sich geöffnet und ist diverser geworden.

Trump-Unterstützer Kid Rock und Ye bzw. Kanye West sind in den letzten Jahren vor allem durch abstruse Aktionen aufgefallen: Ihr Support könnte einer Präsident­schafts­kandi­datur mehr Schaden als Nutzen bringen.

Zahlreiche Musikerinnen und Musiker haben Donald Trump die Verwendung ihrer Songs untersagt. Die White Stripes haben sogar Klage eingereicht. Die Namensliste mit Musikschaffenden, die Donald Trump ablehnen , ist mittlerweile so lang, dass es eine eigene Wikipedia-Seite dafür gibt.

Entsprechend bleibt Trump nur «God Bless The U.S.A.». Zur patriotischen Nummer von Lee Greenwood sind zuvor schon andere republikanische Kandidaten aufmarschiert. Gefragt, ob er seinen Song spielen dürfe, habe Trump nicht, sagt Greenwood.

«Angie» zeigt, dass es funktionieren kann

Wahlkampfsongs sind Teil des politischen Brandings eines Kandidaten oder einer Kandidatin. Sie sollen helfen, ein bestimmtes Image zu formen. Dass das funktionieren kann, zeigt das Beispiel Angela Merkel. 2005 verwendete sie «Angie» von The Rolling Stones im Wahlkampf. Von da an wurde Merkel von Presse und Öffentlichkeit als «Angie» bezeichnet. So wirkte die vorher etwas spröd und distanziert wirkende Politikerin plötzlich nahbarer.

Allerdings klingt eine Textzeile aus «Angie» wenig vertrauenswürdig für eine angehende Bundeskanzlerin: «All the dreams we held so close, seemed to all go up in smoke» (All die Träume, die uns so viel bedeutet haben, sind in Rauch aufgegangen). Das brachte Angela Merkel Spott ein.

Musikschaffende können sich nur bedingt wehren

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In Deutschland können sich Musikschaffende gegen die Verwendung ihrer Songs bei politischen Veranstaltungen wehren, indem sie eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts einklagen.

In den USA ist die Lage komplizierter. Viele amerikanische Musikerinnen und Musiker haben die Urheber- oder Aufführungsrechte an ihren Songs an Firmen abgetreten. Bei diesen kann sich ein Kampagnenteam das Recht zum Abspielen eines Songs holen. Die Musikschaffenden selbst können nicht eingreifen.

Hinzu kommt, dass die Rolling Stones nicht angefragt wurden, ob ihr Song verwendet werden dürfe. Die Briten waren «not amused», weswegen «Angie» aus Merkels Kampagne flog.

Von Popularität profitieren

Musik dient im Wahlkampf zur Emotionalisierung der Wählerschaft. Darum werden in erster Linie bekannte und beliebte Songs eingesetzt, weil man hofft, dass die Popularität eines Stücks auf die Kandidierenden abstrahlt. Manche Songs scheinen auch besonders geeignet zu sein, weil sie eine Wertehaltung, Ideologie oder Weltsicht auf den Punkt bringen.

Wer allerdings nicht genau hinhört, kann danebengreifen. Als Ronald Reagan 1984 «Born in the USA» für seinen Wahlkampf verwendete, dürfte ihm nicht bewusst gewesen sein, dass sich der Song kritisch mit der misslichen Lage von Vietnamkriegsveteranen auseinandersetzt.

Musikalische Kommunikation

Die amerikanische Politik ging früh Hand in Hand mit der Popkultur. Doch Bill Clinton hob 1992 den Gebrauch von Musik im Wahlkampf auf ein neues Level. 1992 veröffentlichte er eine Playlist mit Lieblingssongs aus seiner Jugend – Pop-Rock-Nummern aus den 1960ern – und dürfte dank Nostalgie-Faktor viele positive Assoziationen bei der Baby-Boomer-Wählerschaft geweckt haben.

Bei der Wahl von Barack Obama 2008 spielte ein neues Medium eine wichtige Rolle: Drei Jahre zuvor war Youtube online gegangen. Damit ging die musikalische Kommunikation nun in beide Richtungen, denn die Wählerschaft hatte ab sofort die Möglichkeit, quasi musikalisch zurückzuschlagen.

Polit-Popstars

Die Welt der US-Politik war noch nie so stark mit Musikbusiness und Popkultur verbandelt, wie sie es aktuell ist. Donald Trump war durch seine Auftritte in der TV-Show « The Apprentice » selbst zum Popstar avanciert, bevor er Präsidentschaftskandidat wurde. Kamala Harris ist auf Tiktok in Clips und Memes omnipräsent.

Indem sich Musikerinnen und Tiktoker für Harris starkmachen, helfen sie mit, ein Image von Harris zu kreieren und zu verbreiten, das sie vor allem für eine junge Wählerschaft zur valablen Kandidatin macht. Denn: Tiktok ist quasi die Lingua Franca der Gen Z.

Ist die Gen Z wahlentscheidend?

Wie das Tuft’s Center for Information and Research on Civic Learning and Engagement in einer Studie festhält, sind in diesem Jahr in den USA 8.3 Millionen neue Wahlberechtigte aus der Gen Z dazugekommen. Insgesamt beträgt die Wählerschaft der 18- bis 27-Jährigen nun 40.8. Millionen. Das sind wahlentscheidende Zahlen. Vor allem auch deswegen, weil Gen-Z-Vertreterinnen und -Vertreter häufiger an die Wahlurnen gehen als ihre Vorgängergeneration.

Musik alleine bringt Menschen wahrscheinlich nicht dazu, für eine Kandidatin oder einen Kandidaten zu stimmen. Aber Musik ist ein wichtiges Kommunikationswerkzeug und hat die Fähigkeit, Haltungen und Perspektiven bis zu einem gewissen Mass mitzuformen. Wenn einflussreiche Musikstars, die über Reichweite in den sozialen Medien verfügen, Wahlempfehlungen abgeben, könnte sich dies am 5. November in den USA durchaus in den Wahlresultaten niederschlagen.

US-Wahlen 2024

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Legende: SRF

Donald Trump kehrt als 47. Präsident ins Weisse Haus zurück. Alle News und Hintergründe dazu finden Sie hier: US-Wahlen 2024 .

SRF 3, 17.10.2024, 20:00 Uhr

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