Grosse politische Veränderungen prägten die News in den letzten Tagen weltweit. In den USA wurde der Republikaner Donald Trump zum neuen Präsidenten gewählt, und in Deutschland zerbricht die Ampel-Koalition. Beide Länder sind grosse Player und wichtig für die demokratische Welt. In den Ländern selbst besteht die Angst, dass diese Entwicklungen der Demokratie schaden könnten. Was bedeuten diese Veränderungen für die Demokratie weltweit – und was bedeutet es für die Schweiz? Isabelle Stadelmann, Politologin der Universität Bern, klärt die brennendsten Fragen.
SRF: Die USA, die Ampel-Koalition in Deutschland – was bedeuten diese Entwicklungen für die Demokratie?
Isabelle Stadelmann-Steffen: Die allgemeine Tendenz ist, dass Regierungen momentan abgewählt werden und tendenziell Parteien mit populistischen Zügen einen starken und grossen Wähler
Die positive Sichtweise ist: Es ist eine wesentliche Funktion von Demokratie und Wahlen, dass die Bevölkerung Regierungen abwählen kann. Sie soll Regierungen dann abwählen, wenn sie nicht damit zufrieden ist.
Die negative Sichtweise ist: Momentan laufen die demokratischen Regierungswechsel überall sehr einseitig ab. Es war schon immer so, dass in allen Ländern eher die konservativen Parteien stärker wurden oder eher die linken. Aber jetzt ist es eher etwas Neues. Überall verlieren Parteien, die klar für liberale, demokratische Werte einstehen. Nimmt man diese Perspektive ein, ist es eine schwierigere Situation.
Ich denke, dass es das Bild unserer eigenen Demokratie stärkt.
Wird das Vertrauen der Menschen in die Demokratie geschwächt?
Das ist schwierig abzuschätzen. Das momentan abnehmende Vertrauen in die Regierung, und vielleicht teilweise auch in die Demokratie, ist wahrscheinlich ein Grund, dass populistische Parteien so erfolgreich sind. Sie bauen auf diesem Misstrauen auf und politisieren es gegen die Regierung, welche offensichtlich nicht das macht, was die Bevölkerung will.
Hat das auch einen Einfluss auf die Demokratie in der Schweiz?
Ich denke, dass es das Bild unserer eigenen Demokratie eher stärkt. Im Vergleich zu anderen Ländern sehen wir, dass unser System viele Vorteile hat, weil viel mehr Parteien direkt eingebunden sind. Über Abstimmungen hat man ein Ventil. Dadurch kann die Distanzierung zwischen Bevölkerung und Regierung in der Schweiz wahrscheinlich gar nie so stark passieren kann.
Das ist wiederum nicht unkritisch. Man hat in der Schweiz immer das Gefühl, man hat die beste Demokratie der Welt. Davon würde ich mich distanzieren, denn wir haben einfach eine andere Demokratie. Momentan stehen vor allem parlamentarische oder präsidentielle Systeme unter Druck.
Schwächen diese grossen politischen Entwicklungen die Demokratie in anderen Ländern?
Nein, ich glaube, sie müssen generell die Demokratie nicht schwächen. Wenn wir von den USA sprechen: Da geht es darum, ob Institutionen Trump vertragen und ob er die Macht des Präsidenten massiv verändern kann. Insgesamt hat dies immer auch Chancen im Land selbst oder anderen Ländern, auch wieder das Starke von demokratischen Werten zu generieren. Man merkt vielleicht: Doch, wir wollen das.
In zwei Jahren sind wieder Midterm-Wahlen. Es kann sein, dass es dann wieder eine Rückbesinnung gibt und wieder mehr Leute den Präsidenten Trump abstrafen, weil er vielleicht nicht dieselben demokratischen Werte vertritt wie man selbst.
Das Gespräch führte Lisa Wickart.