Die Gegnerschaft von Donald Trump fürchtet nach seinem Wahlsieg um die Demokratie in den USA. Der Rechtswissenschaftler Kirk Junker lehrt an der Universität von Köln. Er erklärt, wie das Amt des Präsidenten im politischen System der USA eingebettet ist und schätzt ein, welche Gefahren von Donald Trump ausgehen könnten.
SRF News: Welchen Einfluss kann ein Präsident auf die US-Demokratie nehmen?
Kirk Junker: Die Rolle des US-Präsidenten ist relativ begrenzt. Artikel fünf der Vefassung sieht zwei Hauptaufgaben vor: die Ernennung von Bundesrichtern und die Umsetzung von Gesetzen. In seiner ersten Amtszeit konnte Trump drei neue Richter am Supreme Court ernennen – rekordverdächtig viele. Auf diese Weise könnte er seinen Einfluss nun weiter ausbauen. Ein zweites Ziel könnte der Verwaltungsapparat sein. Im «Project 2025» ist dessen Abschaffung erklärtes Ziel.
Im politischen System der USA ist der Präsident nur eine von drei Säulen der Macht. Trump ist in seinen Augen jedoch mehr als ein Präsident.
Die Republikaner haben sich bereits die Mehrheit im Senat gesichert, auch das Repräsentantenhaus könnte an sie fallen. Zudem kann der Präsident oberste Richterinnen und Richter ernennen. Kann Trump so «Checks and Balances» aushebeln?
Auf Bundesebene ja. Aber man darf nicht vergessen, dass die USA ein föderales System haben. In vielen Sachfragen können nur die Bundesstaaten entscheiden. Das sieht man ja jetzt beim Thema Abtreibung – bei dem Trump immer wieder stolz erwähnt, dass nun die Gliedstaaten entscheiden könnten. Wenn er also konsequent bleiben will – was offen ist – dann müsste man erwarten, dass verschiedene Themen an die Bundesstaaten delegiert werden können.
Im politischen System der USA ist der Präsident nur eine von drei Säulen der Macht. Trump ist in seinen Augen jedoch mehr als ein Präsident. Dementsprechend aktiv dürfte er in der Aussenpolitik werden, in der das System dem Präsidenten viel Macht einräumt.
Eine zu erwartende Busse in New York wird Trump wohl erst später zahlen müssen.
Donald Trump ist auch mit mehreren Gerichtsverfahren konfrontiert. Im Schweigegeldprozess wurde er bereits verurteilt, das Strafmass steht allerdings noch aus. Was geschieht da jetzt?
Das Strafmass wird für Ende November erwartet. Es kann von einer Geldstrafe bis zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe für jeden einzelnen Anklagepunkt reichen. Allerdings: Der Vollzug des Strafmasses wird das Gericht aller Voraussicht nach bis zum Ende seiner Amtszeit aufschieben. Denn laut der US-Verfassung muss der Ausübung des Amtes durch den Präsidenten der Verhängung einer Strafe Vorrang eingeräumt werden. Eine zu erwartende Busse wird Trump also wohl erst später zahlen müssen.
Könnte sich Donald Trump allenfalls selbst begnadigen?
Nein.
Wobei ich da vielleicht etwas voreilig geantwortet habe. Denn die Entscheidung des Supreme Court im Sommer, dem Präsidenten in bestimmten Fällen eine Straffreiheit zu gewähren, hat die Antwort etwas erschwert. Sein Supreme Court – und ich benutzte diesen Ausdruck bewusst – könnte (bei künftigen Vergehen Trumps, Anm. d. Red.) ähnlich entscheiden. Aber eine Begnadigung im New Yorker Schweigegeldprozess ist nicht möglich. Kein Präsident kann sich im Strafprozess eines Bundesstaates selbst begnadigen.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.