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SRF 3 Musiksommer «Chur gibt mir ein schönes Heimatgefühl»

Ladenbesitzerinnen, Künstler oder Musikerinnen haben etwas gemeinsam: Sie alle lieben die Stadt in den Bündner Bergen. Die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Stadt selbst.

Romina Crameri (36)

Romina Crameri
Legende: Das Herzensprojekt In der Churer Altstadt hat Romina Crameri ihr Projekt verwirklicht. SRF / Noelle Guidon

615 Seen, über 900 Berggipfel und 150 Täler zählt der Kanton Graubünden. Dieses breite und diverse geografische Spektrum zeigt sich in der «Cramerei» . Der Laden, welcher sich auf viele regionale Produkte konzentriert, liegt in der Churer Altstadt. «Kein Made-in-irgendwo-von-irgendwem» ist das Motto. «Unser Ziel ist, dass alles natürlich fair und freundlich produziert wird» , erklärt die Inhaberin und Geschäftsführerin Romina Crameri.

Die meisten ihrer Food und Non-Food-Artikel kommen aus der Region. Insbesondere vom Hof der Naturköchin Rebecca Clopath in Lohn. Einem 50-Seelen-Dorf weit ab vom Schuss in Mittelbünden. Das komplette Gegenteil von Chur mit seinen 40'000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Das Echo der Churerinnen und Churer auf den Laden sei bisher sehr gut. «Aber es gibt sicherlich noch Potenzial im Thema Nachhaltigkeit, damit wir unser Angebot noch erweitern können.» Dazu habe die auch die Corona-Pandemie beigetragen. «Einige Ideen, der Produkte die wir hier verkaufen, sind während dieser Zeit erst entstanden.»

Dass die 36-Jährige zusammen mit Rebecca Clopath Chur für die Realisierung ihres Herzensprojekts Chur auserwählt haben, ist kein Zufall. «Chur ist für mich ein grosses Dorf, das dank der Altstadt ganz viel Charme hat.» Seit Romina Crameri 18 ist, nennt die gebürtige Untervazerin Chur ihr zu Hause. Das Leben hier sei sehr naturnah und weniger anonym als in einer Grossstadt. «Hier kennt man sich beim Namen. Das gibt mir ein schönes Heimatgefühl.»

Andrin Berchtold (34)

Andrin Berchtold
Legende: Daheim In der Stadt Chur hat auch der Musiker Andrin Berchtold von «From Kid» seine Wurzeln. SRF / Noelle Guidon

Kaum eine andere Musikszene der Schweiz ist wohl so familiär wie die in Graubünden . «Wir kennen uns hier alle», betont auch Andrin Berchtold, Sänger der Band «From Kid». Um die Bündner Elektropopband war es lange still. Um so schöner waren die Live-Klänge von Andrin und seiner Band am Freitagabend beim SRF3 Musiksommer.

Fünf Minuten von seinem zu Hause entfernt, gab der 34-Jährige auf dem Kornplatz sein «Live-Comeback». Die Band wurde 2014 zum SRF 3 Best Talent erkoren und gab bis 2017 drei Alben raus. «Dann war es lange still.» Eine Pause würde Andrin die letzten 4 Jahre aber nicht nennen. «Ich habe viel ausprobiert und so sind über 40 Ideen fürs neue Album zusammengekommen.» Er freue sich jetzt schon wieder auf neue Konzerte, auch in seiner Stadt Chur.

«Die Ruhe dieser Stadt habe ich sehr gerne. Das tut mir gut.» Das sei aber nicht das einzig tolle an der Alpenstadt. «Chur ist ein toller Ausgangspunkt, um in die Berge oder Bergseen zu gehen.» Zwar seien ihm die beiden nächsten Seen, der Cresta- und Caumasee etwas zu überlaufen. Die Geheimtipps wolle er deshalb an dieser Stelle lieber nicht nennen.

Eliane «Ela» Steingruber (33)

Eliane Steingruber in ihrem Lokal.
Legende: Glücklich Nach wenigen Monaten erlebt Ela in ihrem Lokal eine Horrostory. Trotzdem ist sie Chur treu geblieben. SRF / Noelle Guidon

Stell dir vor, du erfüllst dir den Traum eines eigenen Lokals. Steckst dein komplettes Herzblut rein. Und eines Tages wird deine Bar von schwer bewaffneten Polizisten gestürmt. Klingt nach einer erfundenen Horrorstory, ist aber eine wahre Geschichte aus Chur.

Und zwar im «Ela», dem Lokal von Eliane Steingruber. Im Februar 2020 kurz nach 9 Uhr kommt ein Mann in das Lokal, bestellt sich ein Bier und fragt nach einem Schnitzel. Zehn Minuten später wird das Lokal von der Polizei gestürmt. «Ich bin dezent erschrocken» , sagt Eliane Steingruber mit leichtem Sarkasmus. Heute kann sie darüber lachen.

Zum Lachen war ihr damals aber nicht zu Mute. Es stellte sich heraus, dass der Mann kurz zuvor eine Bank überfallen hatte. «Erst als ich den ganzen Boden voller Geld sah, wusste ich, da haben sie einen geschnappt.» Seit diesem Zeitpunkt, öffnet sie nicht mehr so früh am Morgen das Lokal.

Zu Chur hat die 33-Jährige eine Hassliebe. Aber nicht etwa wegen des Banküberfalls. «Es gibt sehr viele Menschen mit Drogenproblemen hier. Das hat Verbesserungspotential und tangiert das lokale Gewerbe.» Trotzdem überwiegt für die Lokalbesitzerin das Positive an der ältesten Stadt der Schweiz. «Dank dem Föhn haben wir hier immer schönes Wetter.» Auch die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt mag Ela. «In Chur hat es sehr viele nette Menschen. Es macht Spass hier eine Beiz zu haben.»

Luigi Zarra (44)

Lou Zarra in Chur
Legende: Prägender Kopf Lou Zarra prägt die Musikszene wie kein anderer. Er hat schon mehrere Hits produziert. SRF / Noelle Guidon

«Do bini dahai», sagt Lou Zarra wenn man ihn auf Chur anspricht. Für ihn sei es das Schönste hier zu leben. «Egal, wo ich hingehe. Hier in Chur ist es ein Miteinander. Man kennt sich.» Das sei in etwa das Gefühl, wie wenn man zu Hause die Familie besuche.

Der Bündner Musikproduzent hatte seine Finger bereits bei über 100 Alben im Spiel. Breitbild, Loco Escrito, Liricas Analas oder May Day sind nur einige davon. Mehrere Hitparaden-Hits wurden in Chur produziert. «Es braucht einen Magic Moment und den kann man nicht so einfach erzeugen.» Dies sei ihm etwa mit «Adios» von Loco Escrito so ergangen. Er kam, wir schrieben den Hit und voilà, dann war 'Adios' da».

Ohne Musik könnte der 44-jährige Clubbesitzer und Produzent nicht leben. «Musik ist für mich wie Atmen. Ohne geht es nicht.» Kein Wunder widmet er der Musik sein Leben. Etwa mit seinem Club «Loucy» hier in Chur. An diesem Ort, wo er sich so unglaublich wohlfühlt. «Wir Bündner und Bündnerinnen kennen keinen Neid. Wir gönnen es einander. Das merke ich extrem in der Musikszene.»

Fabian «Bane» Florin (37)

«Bane» vor einem Graffiti
Legende: «Bane» vor einem seinem grössten Werk, dem Mühleturm. SRF / Noelle Guidon

Zwei riesige Hände, die einem Bergkristall «das Kleid» ausziehen. Das ist das grösste Wandgemälde der Schweiz und das Wahrzeichen von Chur. Der Künstler dahinter ist Fabian Florin alias «Bane». «Für mich ist der Mühleturm ein Meilenstein.»  Es ist zwar sein grösstes aber bei weitem nicht sein einziges Gemälde in Chur. Dank dem 37-Jährigen ist Chur zu einem Street-Art-Mekka geworden. Riesige Wandgemälde zieren Schulhäuser, Unterführungen und eben auch den Mühleturm.

«Chur ist auf einem extrem aufsteigenden Ast, was die Verwirklichung der Künstler in Kombination mit den Stadtstrukturen anbelangt.» Bis zur Bemalung solcher Wände sei es ein sehr langer Prozess betont Fabian Florin. «In Chur haben wir uns das Schritt für Schritt zusammen mit der Stadt erarbeitet und so sind wir mittlerweile bei 300 Meter legaler Fläche.»

Für «Bane» ist Chur alles. Hier kann er und seine Kolleginnen und Kollegen sich verwirklichen. Auch dank der guten Zusammenarbeit mit der Stadt. Für die Zukunft von Chur wünscht er sich deshalb nur eines: «Weiterhin mutig bleiben und sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen.»

Fiona Cavegn (23)

Fiona Fiasco im Park
Legende: Zu Hause Fiona Cavegn ist in Brigels aufgewachsen und fühlt sich in Chur sehr wohl. SRF/ Noelle Guidon

«Miez miur e miez utschi». Das heisst Fledermaus in Rätoromanisch – halb Maus, halb Vogel. Es ist das aktuelle Lieblingswort von Fiona Cavegn. Die 23-Jährige macht als Fiona Fiasco englische und rätoromanische Musik. «Es ist wichtig, dass auf Romanisch gesungen wird, damit die Sprache erhalten bleibt.» Fiona ist im Bündner Oberland aufgewachsen und hat erst in der vierten Klasse Deutsch gelernt. Wahrscheinlich ist das mitunter ein Grund, weshalb sie in ihrer Muttersprache singt. «Für mich war das mehr eine Intuition, als ein konkreter Entscheid.»

Der Kanton Graubünden ist mit den Sprachen Romanisch, Deutsch und Italienisch der einzige dreisprachige Kanton der Schweiz. Vor allem das Romanische, bestehend aus fünf unterschiedlichen Idiomen, macht die Sprachregion einzigartig. Romanisch verstehen gerade mal 60'000 Menschen in der Schweiz. Deshalb findet auch Fiona: «Es ist mir nicht so wichtig, ob die Menschen meine Texte verstehen.»

Die junge Bündnerin spielt Konzerte in der ganzen Schweiz und lebt aktuell in Bern. Aber nach Graubünden kommt sie immer gerne. «Gerade jetzt merke ich wieder, dass Chur eine richtig schöne Stadt ist.»

Thomas Businger (37)

Thomas Businger
Legende: Er liebt die Alpenstadt Thom Businger, Rapper der Band «Breitbild», vor einem Graffiti, das der Band gewidmet wurde. SRF / Noelle Guidon

«Wenn ich am Walensee entlang Richtung Chur fahre, geht mir das Herz auf» , sagt Thomas Businger. Vor allem der Blick in die Berge habe es ihm angetan.

Der 37-Jährige ist in Chur aufgewachsen und eine der bekanntesten Bündner Stimmen. Thom ist einer der vier Rapper der Band «Breitbild». Mit «Gimmer as Mic», «Montalin» oder «Für 1 hets immer no glangt» haben sie Chur musikalisch geprägt, wie keine andere Band. Und nicht nur die Stadt. «Breitbild» hat die Bündner Hip-Hop-Szene schweizweit bekannt gemacht. Welch Legenden-Status die Band hat, zeigte sich das letzte Mal an ihrem 20-Jahr-Jubiläums-Konzert im Herbst 2019. Tausende Menschen pilgerten dafür aus der ganzen Schweiz nach Chur.

Die Stadt liegt der Band unglaublich am Herzen. «Wir haben auf unseren Touren immer versucht, eine Churer oder Bündner Gruppe als Vorband zu engagieren.» Mit den verschiedenen Genres hätten sie zwar ihre Fans manchmal vor den Kopf gestossen. Aber: «Graubünden ist sehr familiär und freundschaftlich. Hier kennen sich alle Musiker und unterstützen sich gegenseitig.» Für Thom ist die Alpenstadt deshalb sehr einfach zu beschreiben: «Chur ist Heimat, Familie und Freundschaft.»

Markus Gurt (64)

Stadtpolizist Markus Gurt
Legende: Stadtoriginal Markus Gurt schaut seit 41 Jahren als Stadtpolizist in der Bündner Hauptstadt zum Rechten. SRF / Noelle Guidon

«Papa Gurt» nennen ihn die Churerinnen und Churer liebevoll. Gemeint ist damit Stadtpolizist Markus Gurt. Seit 41 Jahren ist der 64-Jährige in Polizeimontur in Chur unterwegs. Ein Stadtoriginal, welches jede Ecke dieser Stadt kennt.

Erlebt hat er in seiner langjährigen Dienstzeit so einiges. Vom ganz normalen Parkbussen-Sünder über Ausweisfälscher bis hin zum «Pink Panther» – Markus Gurt hat alle gefasst. Und er hat auch der eine oder die andere Betrunkene nach Hause begleitet. Das sei in der Vergangenheit vermehrt vorgekommen und mache ihm etwas Sorgen. «Die Churerinnen und Churer feiern halt gerne, aber nicht nur die Jungen», sagt Gurt. Kein Wunder ist Chur die Stadt mit dem dichtesten Beizen-Netz der Schweiz. Über 130 Restaurants zählt die Alpenstadt.

Geboren ist Gurt zwar in Maladers, einem kleinen Dorf oberhalb von Chur, das mittlerweile ebenfalls zur Stadt gehört. Aber Chur hat es dem Stadtpolizisten definitiv angetan: «Hier möchte ich einmal sterben.» Hier habe er sein ganzes Umfeld, kenne fast jede Person und werde immer freundlich empfangen. «Ich liebe diese Stadt. Die Menschen hier sind sehr hilfsbereit, man kann auf sie zählen.» Und das können die Churerinnen und Churer auch auf ihren «Papa Gurt», seit 41 Jahren und mindestens bis zu seiner Pensionierung im Herbst 2022.

Elena (21) und Shital (23)

Zwei Studentinnen in den Gassen von Chur
Legende: Abkühlung Elena und Shital wissen, wie man sich in Chur bei über 30 Grad abkühlt. SRF / Noelle Guidon

«Das ist die einzige Art, wie wir uns hier abkühlen können», begründen Elena und Shital mit Wassermelone und Wasserglacé in den Händen. Der Rhein fliesst zwar an Chur vorbei, er ist da aber zum Schwimmen zu gefährlich. Und einen See gibt es nicht. Das ist aber eigentlich das einzige, das in der Alpenstadt fehlt. «Chur ist im Sommer und Winter schön. Es liegt mitten in den Bergen und Nebel gibt es hier nie.» Kein Wunder: Chur ist die Stadt mit den meisten Sonnenstunden in der Schweiz.

Das Wetter ist aber nicht der einzige Grund, weshalb es die Bündner Hauptstadt den beiden angetan hat: «Es hat hier alles, was man braucht. Eine schöne Altstadt mit vielen Cafés, aber auch Orte in der Natur, die abseits vom Rummel sind.» Die älteste Stadt der Schweiz zählt rund 40'000 Einwohnerinnen und Einwohner. «Hier kenne ich als Churerin viele Menschen, aber kann trotzdem etwas anonym bleiben. Das gefällt mir.»

Die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Chur werden dem Klischee zufolge oft als Hinterwäldler und Hinterwäldlerinnen bezeichnet. Trotzdem betont die 23-Jährige, die in Chur lebt: «Ich denke die Menschen hier werden bezüglich Mode und verschiedene Kulturen immer wie offener. Bei der Mode ist es allerdings oftmals auch Trend abhängig.»

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