Die musikalische Bindung zwischen Geschwistern kann an Telepathie grenzen. Der Doppelgitarren-Angriff von Angus & Malcolm bei AC/DC oder der Gitarren-Schlagzeug-Gleichschritt von Eddie und Alex van Halen sind legendär. Nach dem Tod von Malcolm Young war mit Neffe Stevie Young auch gleich ein weiteres Familienmitglied zur Stelle, das Malcolms Platz an der Rhythmusgitarre übernahm. Die Band mag in Australien entstanden sein, doch hinter der Gründung von AC/DC steckt typisch schottisches Clandenken.
AC/DC: Schottischer Familienclan
Als die Familie Young mit ihren acht Kindern 1962 von Schottland nach Australien emigrierte, war sie bitterarm und hatte nicht viel, ausser ein paar Musikinstrumenten und einem tiefen, familiären Zusammenhalt.
Malcolm und Angus gründeten AC/DC im Jahr 1973 in einer Migrantensiedlung in Sydney – mithilfe des älteren Bruders George. Er produzierte alle frühen Alben. Schwester Margret entdeckte den Bandnamen auf ihrer Nähmaschine. Das blinde Verständnis von Malcolm und Angus als Songwriter führte die beiden in Interviews immer wieder auf ihre Familiengeschichte zurück. Laut Angus sind die Anfänge von AC/DC auch aus einer tiefen «Wir gegen den Rest»-Mentalität entstanden.
Van Halen: Migrantengeschwister
Dass Aussenseitertum verbindet, zeigt sich auch am Beispiel der Hardrock-Superstars Van Halen. Eddie und Alex van Halen waren Söhne einer indonesischen Mutter und eines niederländischen Jazzmusikers. Die Familie verliess die Niederlande Anfang der 1960er-Jahre wegen rassistischer Ressentiments in Richtung USA.
Am ersten Schultag in Kalifornien sprachen Eddie und Alex kein Wort Englisch. Die beiden wurden wegen ihrer Herkunft von ihren Mitschülern gemobbt. Die zwei Brüder verbrachten viel Zeit gemeinsam zu Hause. Zu Beginn sass noch Eddie am Schlagzeug und Alex spielte Gitarre. Später wechselten sie die Instrumente und gründeten in der Primarschule ihre erste Band, aus der später eine der einflussreichsten Hardrockbands aller Zeiten entstehen sollte.
Priya Ragu und Japhna Gold: Eine tamilisch-schweizerische Familiengeschichte
Auch die Schweiz kennt erfolgreiche Geschwistercombos mit Migrationshintergrund. Die tamilischstämmige St. Gallerin Priya Ragu feiert momentan weltweit Erfolge. Die Songs produziert ihr Bruder Japhna Gold.
Ihre Eltern waren in den 1980er-Jahren oft Rassismus und Beleidigungen ausgesetzt, sagte Priya Ragu im Gespräch mit «Focus». Das Aufwachsen zwischen zwei Kulturen erlebte sie als komplex. Im Freundeskreis wollten sie und ihr Bruder dazugehören und kehrten ihrer Kultur den Rücken. Heute zelebrieren die Geschwister ihre tamilischen Wurzeln in der Musik.
Hermanos Gutiérrez: zürcherisch-ecuadorianischer Gitarrencocktail
Ein anderes Geschwistergespann, das momentan von Zürich aus die Welt erobert, sind die beiden Brüder Alejandro und Stephan Gutiérrez mit ihrer Band Hermanos Gutiérrez. Als Söhne einer ecuadorianischen Mutter und eines Schweizer Vaters habe sie die Musik ihrer Vorfahren stark geprägt, erzählten sie im Interview mit «Sounds!».
Die Wurzeln ihres flirrend heissen Gitarrensounds verorten die Brüder in der Wüste genauso wie am Strand oder in den Bergen. Beim Komponieren ihrer Songs würden sie sich blind verstehen. Wenn einem der Brüder irgendwo eine Melodie oder Harmonie fehle, ergänze sie der andere auf ganz natürliche Weise.
Oasis: Krawallbrüder
Weniger harmonisch lief es bei der britischen Band Oasis. Die Gallagher Brüder wuchsen mit einem alkoholkranken und gewalttätigen Vater in einer Arbeitersiedlung in Manchester auf. Während der ältere Bruder Noel die väterlichen Misshandlungen voll abbekam, wurde der jüngere Liam von der Mutter geschützt.
Laut einem Interview mit Liam war dies der Beginn von einer der berühmtesten Rivalitäten in der Rockmusik. Obwohl die Gallagher-Brüder mit Oasis Kultstatus und Weltruhm genossen, waren Streitigkeiten und Prügeleien von Beginn an wesentlicher Teil der Bandgeschichte. 2009 verliess Noel die Band und sagte später über Liam: «Wäre er nicht mein Bruder, hätte ich ihn schon längst gefeuert.» Die Fehde dauert an und eine Reunion ist momentan unwahrscheinlich.
Kings of Leon: Pfarrerssöhne
Die Bandgeschichte der Kings of Leon klingt wie der Bibel entsprungen: Die drei Followill-Brüder Nathan, Caleb und Jared sind Söhne eines Pfingstpredigers im tiefen Süden der USA. Gemeinsam mit ihrem Cousin erlangten die drei Brüder ab Mitte der Nullerjahre mit ihrem Alternative-Rock Weltruhm.
Hinter den Kulissen jedoch brodelt es und die Brüder verband nebst musikalischer Harmonie auch eine tiefe Rivalität. Die Followills konnten sich wegen eines Barhockers prügeln und auch auf der Bühne flogen schon mal die Fäuste. Als Sänger Caleb bei einem Konzert 2011 die Bühne verliess, forderten seine Brüder die Fans daraufhin auf, sie sollten nicht die Band, sondern Caleb hassen.
Jackson 5: Väterlicher Drill
Von einer grossen Rivalität geprägt war auch das Verhältnis der Jackson-Brüder und -Schwestern. Lange, bevor Michael Jackson zum «King of Pop» wurde, war er mit seinen Brüdern Teil der Band Jackson 5. Unter dem eisernen Regime ihres Vaters Joe landete das Quintett Anfang der 1970er-Jahre eine ganze Reihe von Hits.
Dies war auch der Ursprung einer Familienfehde, die vor allem zwischen den Brüdern Jermaine und Michael entstand. So hatte Jermaine immer das Gefühl, dass Michaels Superstarstatus auch ihm hätte zustehen sollen. Auch die einst innige Beziehung zwischen Michael und seiner Schwester Janet begann zu leiden, als Michael mit «Thriller» zum Weltstar wurde.