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Schweizer Kulturerbe Im «Haus zur Gewesenen Zeit» wird die Vergangenheit lebendig

Von alten Socken zu 600 Paar historischer Schuhe. Das «Haus zur Gewesenen Zeit» beherbergt ein grosses Stück Schweizer Geschichte.

Was haben der Film «Schellen-Ursli», die Fernsehserie «Frieden» und der Kinofilm über «Betty Bossi» gemeinsam? Requisiten aus dem thurgauischen Diessenhofen. Hier wurde aus dem damaligen «Restaurant Bahnhof» 2011 das «Haus zur Gewesenen Zeit». Monika Stahel sammelt seit Jahren historische Gegenstände aus den Jahren von 1900 bis 1970.

Kunststücke des Alltags

Zahlreiche Alltagsgegenstände füllen den Ort mit Geschichte. Der Zeitraum hatte sich aus den Interessen der ehemaligen Dekorateurin ergeben. Die Sammlung ist divers: von alten Büchern und Schultaschen über Röcke, Hemden, Brillen zu rund 600 Paar Schuhen. Es sind gebrauchte Gegenstände, die von deren Nutzen erzählen.

Besser löchrig statt edel

Alle Objekte wurden von Monika Stahel entweder in Brockenhäusern entdeckt oder waren Geschenke von Bekannten. Darunter mondäne Zylinder und edle Frauenkleider, aber auch ganz gewöhnliche Alltagsgegenstände. Ein Beispiel für ein besonderes Objekt: Ein Paar löchrige Wollsocken. «Das ist die grössere Rarität als ein Hochzeitskleid, das man sowieso aufbewahrt», meint Monika Stahel.

Sie liebt es, Dinge zu sammeln, die zerfallen. Das Echte, nicht das Perfekte sei das, was ihr wichtig sei. Das «Haus zur Gewesenen Zeit» ist darum auch nicht als rein statisches Museum angedacht.

Anfassen, anziehen, erleben

Die Zeitzeugnisse sollen belebt werden. Immer mal wieder organisiert die Sammlerin dafür sogenannte Inszenierungen.

Es ist nicht ein Theater, sondern ich bringe den Leuten das Museum vor die Füsse.
Autor: Monika Stahel Sammlerin / Kuratorin

Letzten Sommer schickte Monika Stahel drei Frauen nach Schaffhausen, angezogen wie in früheren Zeiten. In ihrem Sinne mit Geschichte ein-, aber nicht verkleidet. «Verkleiden möchte ich niemanden». Ihr Ziel ist es, Leute in die Vergangenheit eintauchen zu lassen. «Es ist nicht ein Theater, sondern ich bringe den Leuten das Museum vor die Füsse».

Gelebtes Kulturerbe

So auch bei einem grösseren Auftrag 2018 durch den Kanton Schaffhausen. Zum hundertjährigen Jubiläum des Generalstreiks stattete Monika Stahel Personen wie in der Zeit um 1918 aus.

Eine paradiesische Fundgrube

Gerade Theater oder Filmproduktionen sind froh um solche geschichtsträchtige Bestände. Bei historischen Filmen sind Sammlungen von Alltagsgegenständen von grossem Wert.

Eine bis ins Detail komplette historische Kostümausstattung zum Anfassen und Ausleihen ist für Kostüm und Set Design das Paradies.
Autor: Regina Staiger Leiterin Kostüm&Styling SRF

Dem stimmt auch Regina Staiger zu. Sie ist von Beruf Gewandmeisterin und leitet bei SRF die Abteilung Kostüm&Styling. Orte wie das «Haus zur Gewesenen Zeit» hätten grosses Potenzial an Wissen und Inspiration. Dies für historische Schweizer Filme, Fotos und Theaterstücke. «Eine bis ins Detail komplette historische Kostümausstattung zum Anfassen und Ausleihen ist für Kostüm und Set Design das Paradies», meint die Gewandmeisterin.

So rannten die Kinder im Film «Schellen-Ursli» in Holzschuhen aus dem Hause Stahels über die Leinwand. Kleider und Accessoires lieh sich das TV-Drama «Frieden» und auch der baldige Kinofilm «Hallo Betty» greift auf den Bestand des Museums zurück.

Sammlungen wie das «Haus zur Gewesenen Zeit» sind nicht nur eine Fundgrube für Historienfilme. Es sind Orte, an denen ein essenzieller Teil Schweizer Alltagsgeschichte erhalten und gepflegt werden.

Radio SRF Musikwelle, 18.2.2025, 13 Uhr «Musikwelle aktuell»

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