Der koprophile Humor des Mittzwanzigers LCone, der schon früh mit Textzeilen wie «gwünne en Diskussion im Internet nur mit Gaggismile» an unser aller Kackhumor appelliert hat, drückt sich schon im Titel seines Debütalbums klar aus: «Aaaschiss». Höhö.
Mal abgesehen davon, dass man nach dem Durchhören von «Aaaschiss» glaubt, dass LCone gerade viel Anschiss in seinem Leben hat: der im Rap gängige und aktuell vielbesprochene Hang zur Provokation, zum figurativen auf die Kacke hauen und zum Spiel mit Ekel und Tabu, findet sich nicht nur in den Texten von LCone wieder, sondern auch auf dem Cover seines Albums.
Eine WC-Ente, deren Inhalt auf eine lasziv ausgestreckte Frauenzunge fliesst: Es scheint, als würden LCone und Fotograf Flavio Leone darauf zielen, einen kleineren Diarrhö-Wirbelwind auszulösen.
Doch weder «Blödsinn», «Humor», noch jegliche «Ironie» und sämtliches «sich-selber-und-Rap-nicht-ernst-nehmen» können überdecken, dass LCone eigentlich ein feinfühliger Mensch mit Problemen und Sorgen des Herzens ist.
Nach der ersten Single «Bäumli», in welcher es recht ironiebefreit darum geht, dass LCone einen Baum datet, doppelte der Luzerner mit «Y» nach. Ein melancholisch-tanzbarer Schlussmach-Song, in welchem LCone völlig unverblümt (unverbäumlit?) davon rappt, wie leid es ihm tut, dass er seiner Exfreundin Unwahrheiten erzählt hat.
Schon am #Cypher18 zeigte sich LCone im Schlussteil von seiner emotionalsten Seite – mit einem «Auch mir geht es manchmal nicht so gut» als Disclaimer vornedran. Dass er solche Einblicke auch auf dem Album zulässt, wirkt nicht nur selbst-therapeutisch, sondern macht seine Musik, insbesondere die inhaltlich weniger tiefen Songs, zugänglicher und verdaubarer.
Rap-Banger inklusive
Die dritte Single «Scheissegal» (langsam ist der Gaggipfad eindeutig...), die der Luzerner zusammen mit Dave aufgenommen hat, bietet dann wieder Battle-Rap und asoziale Punchlines, die den CH-Rapfan und dessen Lust nach dem Aggressiven befriedigen dürfte.
Solche Rap-Banger hat es auf «Aaaschiss» übrigens einige. «WMD» mit Unterstützung von Mimiks und Ali zum Beispiel. Oder das Brett «Wasser» mit der wohl kürzesten Hook-Pointe aller Zeiten. Die Songs machen Spass und haben Replay-Wert.
Zu den rockigen Partygitarrennoten (und nein, das kann man wirklich nicht anders umschreiben) auf «Weiss no» würde wohl auch das letzte Schunkelfest beben. Mir friert es bei solcher Cheesigkeit den Ricotta ein – aber diese Seite gehörte schon immer zu LCone.
Und wenn er sich textlich nicht vor Kitsch scheut, so tut er das natürlich auch musikalisch nicht. Siehe die Dancehall-igen Nummern wie «Nokia» oder «Pussy». Dafür zeichnet «Story» LCone dann wieder in pechschwarz.
Mit diesem Hin-und-her kann es passieren, dass man einfach aufhört, dem Album aktiv zuzuhören. Ich verstehe total, wenn jemand die Sprünge zwischen Trauer, Blödelei und Schwanz-Lines nicht verträgt und das Album ein wenig verwirrend findet. LCone hat die Speisekarte reichlich beladen und serviert Eiscreme auf Steaks. Das kann man geil finden – oder einfach nur weird. Was klar ist: LCone zuzuhören ist – je nach Tagesform – irrwitzig, mitreissend oder verstörend.
Mit «Aaaschiss» hat er ein Album veröffentlicht, zu dem man lachen, weinen und tanzen kann. Und sich darüber echauffieren. Job erfüllt.