Cannabis ist die meist konsumierte illegale Substanz in der Schweiz. Minderjährige beziehen den Stoff über Freunde, auf der Gasse oder bestellen ihn via Smartphone.
«Es war für uns einfacher an Gras als an Alkohol zu kommen, als wir minderjährig waren», bezeugt Martin (22). Und so ist es für die meisten Jugendlichen. Gras kriegen sie immer und überall. Manche konsumieren bereits in frühem Alter, mit 13 oder 14 Jahren, andere beginnen mit 15 oder 16.
Jungen greifen eher zum Joint als Mädchen. Doch exakte Konsumstatistiken existieren nicht. Selbst Fachleute vermuten, dass die in den Befragungen ermittelten Zahlen zu tief sind.
Kiffen – ein Jugendphänomen
Die meisten Jugendlichen haben den Konsum im Griff. Sie konsumieren experimentell oder gelegentlich, meist im Freundeskreis. Egal, ob sie in der Stadt oder auf dem Land aufwachsen. Cannabis ist in erster Linie ein Jugendphänomen, kein Jugendproblem.
Teenager wollen ihr Bewusstsein erweitern, in ihre eigene Welt abtauchen, sich vergnügen im Freundeskreis. In der Regel wissen sie einigermassen Bescheid über die Risiken des Konsums. Dass mögliche negative Folgen auch sie treffen könnten, blenden sie jedoch aus.
Von Depersonalisierung ...
«Klar», meint Gymnasiast Till (17), «kiffen tut nicht gut, vor allem wenn du psychisch labil bist. Das weiss man eigentlich auch. Aber in dem Moment denkt man sich, es wird schon gut gehen.»
Auch Till wollte es erst nicht wahrhaben, dass er anders auf Cannabis reagiert als seine Kollegen. Erst als die psychischen Reaktionen immer bedrohlicher wurden, musste er dies einsehen.
Till erlebte sogenannte Depersonalisierungserscheinungen. In psychiatrischer Behandlung musste er einsehen, dass er mit Kiffen aufhören musste. Seither raucht er nur noch CBD, das heisst Gras ohne rauschauslösende Substanzen. Mit verstörenden Reaktionen muss er nicht mehr leben.
... über Psychose ...
Martin, heute 22 Jahre alt, hat es hart getroffen. Zum Glück, so sagt er heute, hatte er seine Ausbildung zum Polymechaniker und die Berufsmittelschule bereits abgeschlossen, als Cannabis plötzlich zur Bedrohung wurde. Dass er eine Veranlagung zur Psychose aufwies, wusste er nicht. Sein exzessiver Konsum löste plötzlich Wahnvorstellungen und Verfolgungswahn aus.
Martin musste sich in stationäre psychiatrische Pflege begeben. Heute lebt er mit Medikamenten und hofft, dass er diese irgendwann einmal absetzen kann. Warum er sich in die Drogen geflüchtet hat? Wie viele andere Jugendliche auch, so sagt er, habe er versucht, seine Emotionen wegzurauchen. Die Sorge um die Zukunft unseres Planeten habe ihn zu sehr umgetrieben.
... bis zu «null Bock»
Weitaus verbreiteter als psychotische Reaktionen sind Amotivationssymptome. Null Bock auf gar nichts. Intensives Kiffen kann diese Haltung zur Gewohnheit werden lassen. Sven zum Beispiel hat so lange und intensiv gekifft, bis er aus allen Strukturen herausgefallen ist, bis nur noch der Konsum seinen Alltag bestimmt hat. Der Rausch hat die Risiken in den Hintergrund gedrängt
Nach einer intensiven Therapie ist er heute auf gutem Weg. Bald beginnt er eine Berufslehre und sieht zuversichtlich in eine Zukunft ohne Drogen.
Allen dreien ist gemeinsam, sie würden Jugendlichen vom Konsum abraten. In der Hoffnung, andere Teenager vor schlimmen Erfahrungen bewahren zu können, sind sie mit ihren Geschichten an die Öffentlichkeit gelangt. Gerade auch weil ihnen noch sehr präsent ist, wie beratungsresistent Jugendliche oft sind.