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Einstein Online Verblüffende Mathe: Die Unendlichkeit

So wie Zahlen unendlich gross werden können, werden sie auch unendlich klein. Das sprengt vielleicht unsere Vorstellungskraft. Doch für die Mathematik ist die Unendlichkeit ebenso wichtig wie normal. Und: Sie hat immer wieder erstaunliche Konsequenzen, wie Valerie Koller in unserem Video zeigt.

1, 2, 3, 4 und so weiter: Das sind die natürlichen Zahlen. Wir wissen, dass jeder natürlichen Zahl eine weitere Zahl folgt – egal, wie gross diese Zahl sein mag. Eine unendliche Reihe natürlicher Zahlen ist nicht so schwer nachzuvollziehen: Solange wir uns die Unendlichkeit nicht konkret vorstellen müssen, macht sie für uns Sinn.

Doch das Konzept der Unendlichkeit muss nicht zwingend unserer Intuition gehorchen, um mathematisch trotzdem gültig zu sein. Das hat der deutsche Mathematiker David Hilbert in einem Gedankenexperiment gezeigt.

Die Geschichte des unendlichen Hotels

Stellen Sie sich ein Hotel mit unendlich vielen Zimmern vor. Das heisst, jedem Zimmer folgt ein weiteres Zimmer. Alle Zimmer sind bewohnt, das Hotel hat also unendlich viele Gäste.

Bis hierhin ist die Welt noch in Ordnung.

Doch dann kommt ein weiterer Gast und fragt nach einem freien Zimmer. Können wir ihm helfen? Na klar. Wir bitten einfach jeden Bewohner des Hotels, das nächste Zimmer im unendlich langen Gang zu beziehen: Der Gast aus Zimmer 1 zieht in Zimmer 2 , der Gast aus Zimmer 2 in Zimmer 3 und so weiter.

Porträt David Hilbert
Legende: Fasziniert von der Unendlichkeit: David Hilbert war einer der bedeutendsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts. Wikimedia Commons

Und weil jeder natürlichen Zahl n eine weitere Zahl n + 1 folgt, hat es für jeden Gast eine Tür weiter ein neues Zimmer. Und für den neuen Gast wird Zimmer 1 frei. So hat das Hotel wieder unendlich viele Gäste in unendlich vielen Zimmern.

Doch was passiert, wenn auf einmal ein unendlich langer Bus ankommt und unendlich viele neue Gäste bringt?

Unendliche Zügelei

Auch da gibt es eine Lösung: Es gibt nämlich nicht nur unendlich viele Zahlen, sondern auch unendlich viele gerade und unendlich viele ungerade Zahlen. Die unendlich vielen Gäste, die im bereits im Hotel wohnen, ziehen einfach in die unendlich vielen Zimmer mit gerader Nummerierung. Das heisst, der Gast aus Zimmer 1 zieht in Zimmer 2 , der Gast aus Zimmer 2 in Zimmer 4 , der aus Zimmer 3 in Zimmer 6 , und so weiter.

Mit dem Umzug werden die unendlich vielen Zimmer mit ungerader Nummerierung frei. Die unendlich vielen neuen Gäste aus dem unendlich langen Bus belegen nun also Zimmer 1 , Zimmer 3 , Zimmer 5 , und so weiter. Wieder hat es für alle Gäste Platz und alle Zimmer des unendlichen Hotels sind belegt.

Und wenn unendlich viele Busse kommen?

Doch die Geschichte des unendlichen Hotels wirft auch Fragen auf: Wenn die unendlich vielen Zimmer vorher mit unendlich vielen Gästen belegt waren, wie können sie alle in die Hälfte der Zimmer passen?

Ist die Hälfte nicht immer nur halb so gross wie ihr Ganzes? Eine Knacknuss, nicht wahr? Spätestens jetzt hat uns die Unendlichkeit einen Streich gespielt.

Eine eigene Logik für die Unendlichkeit

Wir versuchen intuitiv, die Welt anhand unserer Vorstellungen und Erfahrungen zu erklären – doch für die Unendlichkeit gelten in der Mathematik andere Rechenregel: Unsere endliche Logik verliert im unendlichen Raum schlicht ihre Gültigkeit.

«Jedes Zimmer ist bewohnt» und «es gibt keinen Platz mehr für neue Gäste» – das sind mathematisch zwei völlig unterschiedliche Aussagen: In unserem unendlichen Hotel hat es unendlich viele Zimmer, und zwar genauso viele, wie es auch unendlich viele Gäste gibt. Doch die Grösse der Unendlichkeit ist nach oben hin unbegrenzt.

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