Sven, dir fehlen eigentlich nie die Worte: Aber bei der Verkündung von Nemos Sieg in Malmö hat sich deine Stimme leicht überschlagen. Kannst du dich an diesen Moment erinnern?
Sven Epiney: Ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre. Für einen Moment war ich wirklich sprachlos. Die Schweiz hat 36 Jahre auf einen weiteren Sieg gewartet – wir hatten lange Durststrecken. Deshalb fühlte ich eine Mischung aus Freude, Stolz und Erleichterung. Und ich bin überzeugt, dass es vielen im Publikum auch so ging.
Der diesjährige Eurovision Song Contest (ESC) ist ein Heimspiel für dich: Was verändert sich dadurch?
In den letzten zehn Monaten ist kein Tag vergangen, ohne dass mich Leute auf der Strasse auf den ESC angesprochen haben. Viele freuen sich, diesen Anlass vor der eigenen Haustür zu erleben. Herr und Frau Schweizer werden zu Gastgebern – und natürlich auch wir als Schweizer Delegation. Im Fussballstadion St. Jakob-Park findet mit der «Arena Plus» das grösste Public Viewing des ESC 2025 statt. Dort gibt’s zusätzlich eine Pre-Show mit nationalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern, die ich zusammen mit Mélanie Freymont moderiere. Und auch während der Sendung schalte ich mich gelegentlich von der ESC-Halle in den St. Jakob-Park ein.
Herr und Frau Schweizer werden zu Gastgebern.
Woran arbeitest du gerade?
Ähnlich wie ein Fussballreporter schaue ich mir das Startfeld an, lerne Songs und Hintergründe kennen und befasse mich mit Texten. Ab der Probewoche Anfang Mai bin ich praktisch nur noch in der Halle. Da sehe ich die Acts zum ersten Mal auf der Bühne. Dieses Jahr gehen 37 Länder an den Start – das heisst: Es wird geprobt, geprobt und geprobt. Alles ist durchorchestriert, nichts wird dem Zufall überlassen. Der ESC gilt als drittgrösster Anlass weltweit, nach Olympischen Spielen und Fussball-Weltmeisterschaften. Die Vorbereitungen sind viel grösser, als man zu Hause vor dem Bildschirm annehmen würde.
Wie viel schläfst du in den Tagen vor der Live-Übertragung?
Wirklich wenig! Ab dem Montag, 12. Mai, wird jede der drei Live-Shows dreimal komplett durchgeprobt. Als Kommentator bin ich dann jeweils bis Mitternacht in der Halle. Zwischen den Proben texte ich, übersetze ich und sammle Stories und Reaktionen, die in meinen Kommentar einfliessen. Ich probe für meinen Auftritt in der «Arena Plus», mache Interviews … Es ist eine eigene Welt: faszinierend, multikulturell, musikalisch divers. Die Arbeit ist intensiv, aber auch sehr schön.
Alles ist durchorchestriert. Der ESC gilt als drittgrösster Anlass weltweit.
Was geht dir durch den Kopf, wenn in deiner Reporterkabine der Countdown für die Live-Sendung läuft?
Vor der Sendung atme ich noch einmal tief durch, am liebsten draussen an der frischen Luft. Eine Stunde vor dem Countdown geht’s für mich dann in die Reporterkabine, wo noch letzte technische Tests anstehen. In der dreieinhalbstündigen Show habe ich keine Chance auf eine Pause, das heisst: nicht zu viel Wasser trinken (lacht). Dann beginnt alles zu kribbeln. Ich bin vor jeder Sendung vorfreudig angespannt. Das muss so sein, damit der Körper merkt: Jetzt gilt’s ernst. Am Ende ist das Kommentieren eine Mischung aus Top-Vorbereitung, Spontanität und Lockerheit.
Warum begeistert dich die Aufgabe auch nach 17 Jahren noch?
Der ESC in Basel ist «once in a lifetime»: Die Chance, den ESC zu Hause zu haben, Teil der Show zu sein und gleichzeitig das Stadion mit knapp 40'000 Menschen zu erleben, ist unglaublich. Diese Emotionen möchte ich unbedingt nach Hause transportieren.