Wer in die Ferien fliegt, wählt häufig bewusst eine bestimmte Flugzeit. Speziell an einem verlängerten Wochenende will man ja möglichst viel Zeit am Urlaubsort verbringen. Air Berlin hat in letzter Zeit aber zahlreiche Kunden zum Teil kurzfristig auf andere Flüge umgebucht. Deren Ferienpläne gerieten so durcheinander. «Espresso» liegen verschiedene Beispiele vor:
Die Mär vom gestrichenen Flug
Zwei Familien aus dem Kanton Luzern buchen denselben Direktflug nach Fuerteventura. Air Berlin bucht die eine auf einen Flug via Bonn um. Dabei hat die Familie für den Direktflug extra mehr bezahlt. Air Berlin behauptet am Telefon mehrmals, der ursprüngliche Flug sei gestrichen worden. Eine Lüge: Denn die andere Familie reiste mit genau diesem Flug. Und der Zürcher Flughafen bestätigt gegenüber «Espresso», jener Flug sei plangemäss gestartet.
Abflug am Abend statt am Morgen
Drei Paare aus dem Kanton Schaffhausen buchen lange voraus Flüge für ein verlängertes Wochenende auf Mallorca. Einige Wochen vor der Abreise verschiebt Air Berlin den Hinflug: vom Morgen auf den Abend. Nach zwei weiteren Umbuchungen fliegen sie schliesslich kurz vor Mittag los. Das gebuchte Programm auf Mallorca fällt ins Wasser. Auch der Rückflug wird von Air Berlin noch verschoben.
Plötzlich frühmorgens
Eine Gruppe Tennisspieler bucht über ein Reisebüro ein paar Tage auf Mallorca. Sie wählt extra einen Flug am späteren Morgen, damit alle Mitglieder bequem Zeit haben für Ihre Anreise. Air Berlin bucht sie um auf den frühen Morgen: Mehrere Teilnehmer kommen nur mit grossem Aufwand und Unkosten rechtzeitig an den Flughafen. Die einen müssen mitten in der Nacht losfahren.
Letzter Ferientag fällt ins Wasser
Zwei Frauen buchen für Kurzferien auf Mallorca Flüge bei Air Berlin. Die Billigfluggesellschaft verlegt den Rückflug kurzerhand um sechs Stunden vor: «Aus bislang nicht vorhersehbaren Gründen war es leider erforderlich, die Durchführung des Fluges teilweise zu ändern.» Der letzte Ferientag ist damit gestrichen. Nach mehreren Reklamationen gilt plötzlich wieder die ursprüngliche Rückflugzeit.
Lüge: «Das weisen wir zurück»
Air Berlin verärgert und belügt Kunden wegen Umbuchungen. Die Billig-Airline wehrt sich: «Den Vorwurf der Lüge weisen wir entschieden zurück. Es liegt keinesfalls im Interesse von Air Berlin, Gäste zu belügen oder Ihnen Unannehmlichkeiten zu bereiten.» Dumm nur: Die betroffene Familie kann die Lüge belegen. Sie war derart verärgert, nachdem ihr von verschiedenen Air-Berlin-Mitarbeitern gesagt worden war, der Flug sei gestrichen, dass sie ein Gespräch aufgezeichnet hat.
Air Berlin begründet die Häufung bei den Umbuchungen mit umfassenden Änderungen im Streckennetz. Ihre Flüge zu beliebten Feriendestinationen würden neu von der Fluggesellschaft Niki durchgeführt. Davon seien rund vier Millionen Fluggäste betroffen. In einer Stellungnahme gegenüber der Konsumentensendung «Espresso» von SRF bedauert Air Berlin die Unannehmlichkeiten: «Wir können nachvollziehen, dass kurzfristige Änderungen immer unangenehm und ärgerlich für die Passagiere sind. Mehrkosten, die aus geänderten Flügen entstehen, können Gäste unter airberlin.com/beschwerde einreichen. Jeder Fall wird individuell geprüft und eine entsprechende Kompensation wird angeboten.»
Mehr Beschwerden beim Ombudsmann
Auch beim Reiseombudsmann Franco Muff liegen derzeit mehr Beschwerden als üblich wegen Umbuchungen durch Air Berlin auf dem Tisch. Im Gespräch mit «Espresso» sagt er, Passagiere hätten nur wenig Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Bis zwei Wochen vor Abflug müsse man eine Umbuchung hinnehmen.
Buche eine Fluggesellschaft einen Passagier kurzfristiger um, gebe es gewisse Regelungen: Je kurzfristiger die Umbuchung, desto geringer darf der Zeitverlust durch die Umbuchung sein.
Fluggesellschaften würden auch anbieten, dass man den Flug stornieren könne. Das sei aber oft keine wirkliche Alternative, meint der Reiseombudsmann: «Denn die Betroffenen wollen ja in die Ferien und haben am Ferienort bereits Hotels und Ausflüge gebucht.»
Um keine Entschädigungen zahlen zu müssen, würden die meisten Fluggesellschaften grosse Umbuchungen bewusst mehr als zwei Wochen vor dem Flug vornehmen. Wenn nun jemand wegen einer Umbuchung Mehrkosten und Umtriebe hat, lohnt es sich diese einzufordern? Franco Muff macht Betroffenen wenig Hoffnung: «Meine Erfahrung zeigt, dass das bei den Fluggesellschaften nichts bringt. Darauf steigen sie eigentlich nicht ein.»