Die 74-jährige Frau versteht die Welt nicht mehr: Wie kann es sein, dass die SBB eine Busse wegen Schwarzfahrens an ihren verstorbenen Mann schickt? Sehr wahrscheinlich ist, dass ein Unbekannter bei der Billett-Kontrolle in einer S-Bahn die Personalien des verstorbenen Mannes angegeben hat. Ein dreister Betrug.
Die Witwe ist aufgewühlt und sucht nach Erklärungen. Sie ruft sofort bei der SBB an. Dort entschuldigt man sich für die Umstände und bittet sie, die Busse zurückzuschicken.
Das macht die Witwe und erhält daraufhin einen Brief der SBB mit der Bitte, die Kopie des Totenscheins ihres Mannes an die SBB zu schicken. Nun gerät die Frau erst recht aus dem Häuschen, denn sie hat den Totenschein nicht aufbewahrt. Die SBB besteht aber darauf.
Beweislast beim Opfer?
Nun schaltet sich der Sohn der Witwe ein. Er schreibt der SBB, dass es nicht Sache seiner Mutter sei, zu beweisen, dass ihr verstorbener Mann nicht mehr lebe. Doch die Verantwortlichen der SBB beharren darauf. Man könne sonst die Daten des Vaters nicht als «Missbrauch durch Unbekannt» im System ablegen.
Was folgt, ist ein unschöner Mailwechsel, bis die SBB schliesslich auf das Schriftstück verzichtet. Mutter und Sohn verstehen die Haltung der SBB weiterhin nicht, dass sie als Opfer eines Betrugs in die Beweispflicht kommen.
SBB: Normaler Prozess
Die SBB-Medienstelle beantwortet eine Anfrage vom SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» kurz: «Dass bei Angabe eines Todesfalles eine Sterbeurkunde oder eine Todesanzeige verlangt wird, ist der normale Prozess.»
«Espresso» hält fest, dass in der Schweiz der Rechtsgrundsatz gilt: Wer jemanden anschuldigt, ist verpflichtet, den entsprechenden Beweis dafür zu liefern.