Eine dieser ehemaligen Angestellten ist S. H. Ihr ehemaliger Chef schulde ihr noch 1300 Franken. Dafür wolle sie kämpfen, mit allen rechtlichen Mitteln. Was ist geschehen?
S. H. arbeitet im Frühling im Apartment-Hotel «Local» in Suhr (AG) als Rezeptionistin. Sie war auch für die Lohnabrechnungen im Hotel und weitere Gastrobetriebe der Local Group AG zuständig. In ihre Aufgaben sei sie nie richtig eingearbeitet worden, kritisiert sie. Doch – trotz unbefristetem Vertrag: nach einem Monat hat sie ihr Chef schon wieder entlassen.
Chef wollte zwei Stunden Arbeitszeit streichen
Zuvor wurde einiges Geschirr zerschlagen: So verlangte der Chef einmal, sie solle zwei Stunden Arbeitszeit streichen, weil sie mit einer Kollegin während der Arbeitszeit vermutlich privates besprochen habe. «Das ist völlig ungerechtfertigt. Wir haben maximal zehn Minuten miteinander geredet und in dieser Zeit auch gearbeitet.»
Doch es kam noch dicker: Die Geschäftsleitung verschickte beleidigende Mails an die Belegschaft wegen einer mässig guten Kundenbewertung im Internet. Der Chef habe gedroht: Wenn diese Reklamation bis zum Abend nicht gelöscht sei, gäbe es Konsequenzen.
Unerklärliche Lohnabzüge
S. H. suchte das Gespräch mit dem Chef – vergeblich. Der Geschäftsführer kündigte ihr. Vom letzten Lohn machte er übermässige Abzüge. Zum Beispiel 500 Franken für eine angeblich falsch programmierte Schlüsselkarte, was einen Hauswarteinsatz nötig gemacht habe. Belege dafür blieb er bis heute schuldig. Gegenüber «Kassensturz» weist der Geschäftsführer der Local Group AG die Vorwürfe zurück. Er schreibt, er könne die Schadenersatzansprüche belegen. Ohne die Belege jedoch vorzulegen.
Er hat mir vom Lohn viele Abzüge gemacht, die er weder begründete, noch belegte.
S. H. ist nicht allein: «Kassensturz» hat mit mehreren ehemaligen Angestellten gesprochen, die sich ebenfalls über die Anstellungsbedingungen beschweren. So etwa R. Z., der im Betrieb in Suhr als Küchenchef angestellt war. Er schildert, wie für seine Arbeit die nötigen Lebensmittel fehlten. «Der Chef sollte die Ware jeweils holen. Trotzdem fehlte uns Material teilweise über mehrere Tage. Und auch in Gesprächen ist er nicht darauf eingegangen. Oder einfach nicht erschienen.»
Pensionskassengelder zurückbehalten
Nach einem Monat schmiss der Koch den Bettel hin und kündigte. Doch auch er musste um seinen Lohn kämpfen. «Der erste Lohn kam zu spät und der zweite Lohn kam gar nicht.» Er musste seinen ehemaligen Chef gar betreiben. Das zuständige Arbeitsgericht verpflichtete den Local-Geschäftsführer, den ganzen Lohn samt Überstunden zu zahlen.
Ich habe im Nachhinein festgestellt, dass ich bei der Pensionskasse nicht einmal angemeldet wurde.
Doch der Ärger ist für den Koch noch nicht ausgestanden: Wie er erst im Nachhinein bemerkte, hat ihn sein Chef bei der Pensionskasse nie angemeldet. «Das heisst, er hat mir pro Monat die Beträge abgezogen, aber nie etwas einbezahlt.»
Hilfreiche Links
Lohnabzüge wegen kleiner Fehler nicht legal
Arbeitsrechts-Experte Roger Rudolph stellt klar: Steckt ein Arbeitgeber die Pensionskassen-Gelder in die eigene Tasche, macht er sich strafbar. Und Lohnabzüge wegen kleiner Fehler gehe auch nicht: «Ein Arbeitgeber kann einen Lohnabzug nur machen, wenn er einen konkreten, also einen finanziellen Schaden hat und den auch beweisen und einem konkreten Mitarbeiter zuordnen kann.»
Fristlose Entlassung wegen schlechter Pizza
Mehrere Angestellten von Local Group berichten gegenüber «Kassensturz» von ungerechtfertigten Lohnabzügen oder Drohungen wegen kleinen Fehlern. So auch N.B.: Eine Kundin hatte sich über eine von ihr zubereitete Pizza beschwert. Auf der Pizza sei der falsche Käse und kein Basilikum. Knallhart: Auf die Reklamation hin folgte die fristlose Kündigung. Der Chef warf der Angestellten vor, sie habe wiederholt und absichtlich ungeniessbare Speisen serviert.
Diese wehrt sich: «Das ist einfach alles gelogen. In diesem halben Jahr, in dem ich bei Local gearbeitet habe, habe ich nie von einer Beschwerde gehört.» Und auch bei ihr: Unerklärliche Abzüge beim letzten Lohn und nicht ausbezahlte Überstunden. Insgesamt schulde ihr Local Group mehrere Tausend Franken, sagt N.B.
Missbräuchliche Kündigung anfechtbar
Für Arbeitsrechts-Experte Roger Rudolf ist klar: Wenn der Arbeitgeber wegen kleiner Fehler wie einer bemängelten Pizza eine fristlose Kündigung ausspreche, sei das missbräuchlich und habe finanzielle Konsequenzen:
«Der Arbeitgeber muss in so einer Situation den Lohnersatz leisten für die Zeit, in der er die Kündigungsfrist hätte einhalten sollen. Er muss also den Lohnersatz zahlen und er muss zusätzlich eine Strafzahlung von bis zu sechs Monatslöhnen leisten.»
Geschäftsführer weist alle Vorwürfe zurück
Der Geschäftsführer der Local Group AG wollte vor der Kamera zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen. Er weist sämtliche gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. Die Angaben der ehemaligen Angestellten seien falsch und eine «rechtswidrige Unterstellung».