Kreuzfahrten sind ein rasant wachsender Markt: Schweizer Reiseanbieter sprechen von steigenden Umsätzen – teilweise im zweistelligen Prozentbereich jährlich. Doch die Erholung auf dem Riesenschiff geht auf Kosten der Umwelt.
Das zeigt auch die neueste Kreuzfahrt-Rangliste des deutschen Naturschutzbundes (Nabu). Von 76 untersuchten Schiffen erhält nur eines gute Noten: die Aidanova, die ab Herbst von Hamburg aus unter anderem die kanarischen Inseln ansteuert.
«Das ist weltweit das erste Schiff, das komplett mit Flüssiggas fährt», sagt Dietmar Oeliger, Verkehrsexperte des Naturschutzbundes. «In der Abgasbilanz ist Flüssiggas um Dimensionen sauberer als alles andere.»
Halbwegs mithalten könnten noch die Anbieter Hapag-Lloyd Cruises und Tui Cruises (beide gehören zur Tui-Gruppe), so das Urteil des Nabu. Deren neueste Schiffe verfügten über Stickoxid-Katalysatoren oder seien für die Versorgung mit Landstrom während des Aufenthalts im Hafen gerüstet.
Fast alle neuen Schiffe dreckig unterwegs
Während also einzelne Reedereien das Problem der starken Emissionen angehen, sieht die Umweltorganisation insgesamt kaum Anstrengungen in der Branche: «Ein Grossteil der neuen Schiffe, die auf den Markt kommen, fährt immer noch mit giftigem Schweröl», sagt Dietmar Oeliger.
«Das Umweltproblem bleibt also bestehen.» Daher fordert der Nabu, dass für Hafenstädte und schützenswerte Regionen vermehrt Einfahrverbote für schmutzige Schiffe ausgesprochen werden.
Das Kreuzfahrt-Ranking des Nabu bewertet in Europa fahrende Schiffe. Wichtigstes Kriterium bei der Rangliste ist dabei der Antrieb, wobei Motoren mit Schweröl aus Sicht der Organisation das «drängendste Problem» von Kreuzfahrtschiffen sind.
Kaum Thema bei den Reisenden
Dass Kreuzfahrtschiffe durch ihre Emissionen die Umwelt stark belasten, wird von Umweltorganisationen schon seit Jahren kritisiert. Bei Reisenden scheint das aber kaum Thema zu sein: Die vom SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» angefragten Schweizer Kreuzfahrt-Anbieter sagen unisono, dass Kundinnen und Kunden höchstens vereinzelt nach der Umweltbelastung durch Kreuzfahrten fragten.
«Für viele ist der Preis relevanter als die Ökobilanz», sagt beispielsweise Tui Suisse-Geschäftsführer Martin Wittwer. Und bei Knecht Reisen heisst es ergänzend: «Von Kunden, für welche eine Schiffsreise eine Möglichkeit ist neben anderen Formen von Ferienreisen, wird das Thema noch eher angesprochen.»
Hotelplan und Kuoni Cruises verweisen darüber hinaus auf die Zusammenarbeit mit Myclimate: Damit können Reisende freiwillig den CO2-Ausstoss ihrer Reise kompensieren mit einem bestimmten Geldbetrag, der dann beispielsweise in Klimaschutzprojekte investiert wird. Diese Möglichkeit werde den Kundinnen und Kunden aktiv angeboten und von diesen auch vermehrt genutzt, sagt Hotelplan.
Die Umweltorganisation Nabu beurteilt solche Kompensationszahlungen allerdings kritisch, weil damit lediglich die CO2-Emissionen kompensiert werden.
Anbieter sehen steigendes Bewusstsein
Die Reiseanbieter sind sich der Problematik durchaus bewusst. Kuoni Cruises setzt aus diesem Grund nach eigenen Angaben «ausschliesslich auf fortschrittliche, moderne Reedereien mit entsprechendem Umwelt-Engagement». Die Anstrengungen von Reedereien, Verbesserungen zu erreichen, seien sehr gross. Auch Knecht Reisen sagt, die Branche habe auf die Umwelt-Problematik reagiert. Allerdings sei das Bewusstsein je nach Sitz der Reederei noch eher gering. Man beobachte, dass europäische Reedereien aktiver seien als etwa solche mit Sitz in den USA.
Bei der Tui-Gruppe, welche selber über insgesamt 16 Kreuzfahrtschiffe verfügt, stehe Ökologie an vorderster Front, sagt der Geschäftsführer von Tui Suisse, Martin Wittwer. «Wir sind davon überzeugt, dass es für unseren wirtschaftlichen Erfolg entscheidend ist, wie wir mit der Umwelt umgehen.» Aus diesem Grund würden künftige Schiffe der Flotte mit Flüssiggas betrieben.