Ein SBB-Kunde hetzte kürzlich an einem kleineren Regional-Bahnhof aufs Perron. In der Eile hatte er nicht mehr die Nerven, nachzuschauen, wo sein Zug hält. Er ging intuitiv davon aus, dass dieser auf dem linken der beiden Geleise ankommt und rannte durch die Unterführung aufs Perron 2. Leider war es das falsche.
Wieso fahren Züge links?
Die Überlegung des SBB-Kunden war nicht falsch, denn in der Schweiz fahren die Züge – im Gegensatz zu den Autos – tatsächlich grundsätzlich links. Der Linksverkehr auf den Schienen stamme von den Briten, erklärt Verkehrshistoriker Kilian Elsasser: «Die Eisenbahn ist eigentlich eine Erfindung der Engländer. Da die Kutschen in England damals schon links fuhren, übernahm man den Linksverkehr auch für die Züge. Und das haben damals ganz viele Länder übernommen.»
Da die Kutschen in England damals schon links fuhren, übernahm man den Linksverkehr auch für die Züge.
Irgendwann kam in einigen europäischen Ländern aber das Umdenken, erzählt Elsasser: «Napoleon fing an, auf den Strassen rechts zu fahren. Deshalb wechselten Länder, wie beispielsweise Deutschland, auch den Zugbetrieb zurück auf rechts.» Wieso die Schweiz – und somit auch die SBB – beim Links geblieben ist, weiss heute niemand mehr so genau.
SBB fährt heute flexibel
Auf das sture Links-Rechts verlassen kann man sich allerdings nicht. Denn heute fährt die SBB flexibel, sagt SBB-Sprecher Reto Schärli. Häufig halte der Zug dort, wo die meisten Leute herkommen. Nämlich auf der Seite des Dorfes, wo auch das Bahnhofsgebäude steht. Dies sei für die Kundinnen praktischer, so Schärli: «Sie müssen keine Unterführung nehmen, sie können vom Dorf her kommen und – egal in welche Richtung der Zug fährt – einfach einsteigen.»
Mit der modernen Technik ist es heute gut möglich, Strecken in beiden Richtungen zu befahren.
Mehr als 5000 Kilometer Schienen sind in der Schweiz verlegt, es ist eines der dichtesten Schienennetze Europas. Damit sich Züge auch mal gegenseitig überholen können, sei man vom strikten Links-Rechts weggekommen, sagt Schärli: «Mit der modernen Technik ist es heute gut möglich, Strecken in beiden Richtungen zu befahren.» Es gibt aber auch Strecken, auf welchen schon immer Rechtsverkehr galt, beispielsweise auf der alten Strecke zwischen Zürich und St.Gallen.
«Am besten den Fahrplan anschauen»
Wenn es eine Faustregel gäbe, dann am ehesten noch diese, sagt der SBB-Sprecher: «Dort wo das Bahnhofsgebäude steht, halten möglicherweise mehr Züge als auf dem Mittelperron». Am zuverlässigsten sei aber so oder so der Blick in den Fahrplan oder die SBB-App.