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«Ich war noch nie dort und fahre auch kein Motorrad»
Aus Espresso vom 15.07.2024. Bild: imago
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Angeblicher Tempoexzess Absurde Anzeige aus dem Ausland verunsichert Autolenkerin

Eine Schweizerin soll gebüsst werden, weil sie durch eine französische Stadt gerast sein soll. Doch das kann nicht sein.

Eine 68-jährige Frau aus dem Kanton Zürich fällt aus allen Wolken, als sie Post aus Frankreich erhält: ein «Avis de Contravention» – eine Übertretungsanzeige. Laut dieser ist sie an einem Morgen im Juni 2023 mit massiv übersetzter Geschwindigkeit durch Evreux im Westen Frankreichs gerast. Mit über 90 Kilometern pro Stunde statt der erlaubten 50.

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Wie hoch die Busse ausfällt, steht noch nicht in jenem Brief. Die Frau muss mehrere Formulare ausfüllen und zurückschicken.

Auto in der Garage, Nummer hinterlegt

Sie sagt jedoch im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso»: «Das kann nicht sein.» Und zwar aus verschiedenen Gründen: «Mein Auto stand zu jener Zeit in der Garage und die Nummer war beim Strassenverkehrsamt hinterlegt.» Es handelt sich um ein älteres Modell, das nicht ständig auf der Strasse unterwegs ist. Und noch ein zentrales Argument: «Ich war noch nie in meinem Leben in jenem Ort.»

Offensichtlich eine Verwechslung

Die Betroffene will nun ihrerseits von der zuständigen Behörde in Frankreich Beweise sehen für ihr angebliches Verkehrsvergehen. Gegen Bezahlung von knapp 70 Euro erhält sie ein «Blitzer-Foto». Und das zeigt: ein Motorrad. Nun weiss die Betroffene, dass es sich definitiv um einen Fehler handeln muss: «Ich fahre schon lange kein Motorrad mehr.»

Das Schreiben aus Frankreich, welches die Hörerin erhalten hat
Legende: Dieses Schreiben erhält die 68-Jährige: ein «Avis de Contravention» – eine Übertretungsanzeige aus Frankreich. SRF

Sie schaut sich das Nummernschild näher an – und siehe da: Das Motorrad trägt exakt die gleiche Nummer wie ihr Auto. Das ist in der Schweiz möglich. Es muss sich also um eine Verwechslung handeln – die Busse gilt jemand anderem.

«Ein unangenehmes Gefühl»

Doch dies den Franzosen klarzumachen, ist nicht einfach. Die Frau muss Formulare ausfüllen und einschicken. Dann passiert monatelang nichts mehr. Auch am Telefon kommt sie nicht weiter. Dabei wäre sie froh um eine definitive Bestätigung, dass ein Irrtum vorliegt. Sie würde nämlich gerne gelegentlich wieder einmal nach Frankreich fahren.

«Ein unangenehmes Gefühl. Ich weiss ja nicht, ob man mich dort verhaftet, weil ich angeblich zu schnell gefahren bin.» Sie kontaktiert die Rechtsschutzversicherung des TCS und wendet sich auch an «Espresso».

Es braucht viel Geduld

Der TCS bestätigt, man habe die Kundin dabei unterstützt, Einsprache gegen die Busse einzulegen. «Diese wurde unterdessen von den französischen Behörden bestätigt», sagt TCS-Mediensprecher Marco Wölfli auf Anfrage. Doch nun müsse man auf den Entscheid warten. «Das kann Monate dauern, bis zu einem Jahr.» Das sei in vielen anderen Ländern ähnlich. Die Prozesse würden generell gut funktionieren, sie bräuchten aber Zeit, so Wölfli.

Sorgen wegen einer Verhaftung machen, müsse sich die Frau jedoch nicht: «Es handelt sich um ein laufendes Verfahren.» Und die einbezahlten rund 70 Euro für das Beweisfoto sollten ihr rückerstattet werden, wenn der Entscheid zu ihren Gunsten ausfällt.

Busse ignorieren ist keine gute Idee

Wölfli empfiehlt: Solche Bussen aus dem Ausland ernst nehmen und reagieren. «Wenn die Busse berechtigt ist, sollte man sie auf jeden Fall zahlen. Sonst riskiert man zusätzliche Inkassogebühren.» Und wer eine berechtigte Busse nicht zahle, riskiere unter Umständen noch höhere Kosten oder Konsequenzen bei einer erneuten Einreise.

Umgekehrt habe man auch das Recht, Einsprache einzulegen. Wer dabei Unterstützung braucht, kann sich zum Beispiel an seine Rechtsschutzversicherung wenden, falls vorhanden.

Espresso, 15.7.2024, 8:10 Uhr

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