Familien mit kleinen Kindern kennen das Problem: Auch wenn ein Kind am Tag schon trocken ist, kann in der Nacht noch der eine oder andere «Unfall» passieren. Eine Familie aus dem Kanton Bern hat drei Kinder im Alter von zwei bis fünfeinhalb Jahren. Um deren neue Matratzen bestmöglich zu schützen, kauft die Familie bei Micasa den Fixmolton «Kenzo». Denn dieser ist angeschrieben mit «wasserdicht». Sie kaufen vier Stück für rund 240 Franken.
Beim ersten nächtlichen Bettnässen zeigt sich: Der Matratzenschoner von Micasa hält nicht dicht. «Die Matratze war nicht trocken, das floss einfach durch, die Membran hielt nicht», erzählt der Familienvater dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Migros rät zu einer Inkontinenzauflage
Ein Schlag ins Wasser: Wenn eines der Kinder das Bett nässt, wird die Matratze trotz angeblich wasserdichtem Molton feucht. Der Familienvater wendet sich mehrmals an den Kundendienst. Doch die Beschwerde perlt an der Migros ab. «Ich wurde mehrmals abgewimmelt, ich müsse halt eine Inkontinenzauflage kaufen. Der wasserdichte Molton sei für das nicht geeignet.»
Mit dieser Antwort kann die Familie nichts anfangen. Noch einmal vier Matratzenschoner kaufen geht ins Geld. Und: «Wasserdicht kann ich nicht anders verstehen, als dass dort nichts Flüssiges durchgeht», wundert sich der Familienvater. Er findet es nicht korrekt, dass Micasa den Molton so anschreibt.
Schlechte Bewertungen
Auch andere Kunden bewerten den Molton «Kenzo» als ungenügend. «Echter Mist», schreibt ein Kunde auf der Micasa-Webseite, «reine Kundentäuschung. Schade!»
Warum bezeichnet man einen Molton als wasserdicht, wenn er es überhaupt nicht ist?
Eine andere Kundin schreibt, nach rund zwei Jahren sei die wasserdichte Membran quasi weg: «Finger weg davon!» Und ein weiterer Kunde schreibt: «Warum bezeichnet man einen Molton als wasserdicht, wenn er es überhaupt nicht ist?» Eine Frage, die auch die Familie aus dem Kanton Bern beschäftigt: «Ich finde es schade ums Geld. Und schade für jeden anderen Kunden, der den Molton auch noch kauft.»
Migros: Wassersäule von 8000 Millimetern
Auf eine erste Anfrage von «Espresso» schreibt die Migros: Man habe im Jahr 2017 Kundenreklamationen zum Anlass genommen, den Molton nochmals von einer unabhängigen Seite prüfen zu lassen. «Der Test hat ergeben, dass der Molton mit einer Wassersäule von 8000 Millimetern für seinen Einsatzzweck eine sehr hohe Wasserdichtheit aufweist.» Daher habe Micasa entschieden, den Matratzenschutz weiterhin als wasserdicht zu verkaufen.
Ist Waschen das Problem?
«Espresso» will den Widerspruch zwischen Kundenerfahrung und Testresultat klären und kauft einen solchen Molton. Im ersten Anwendungstest zeigt sich: Der Molton hält tatsächlich ziemlich dicht. Doch die Probleme beginnen nach dem Waschen: Je mehr der Molton gewaschen wird, desto mehr undichte Stellen weist er auf (siehe Bild).
Trotzdem: Die Migros bleibt dabei. Der Test von 2017 zeige etwas komplett anderes. Die Medienstelle weist darauf hin, dass der Molton stets in einem Wäschesack gewaschen werden sollte. Ausserdem stehe hinten auf der Verpackung der Hinweis «schützt vor Nässe und Feuchtigkeit wie Schweiss, Öle und Salben». Für Kinder müsse man eine Inkontinenzauflage kaufen.
Jetzt doch: Migros entfernt Wort «wasserdicht»
So richtig geheuer war es der Migros damit wohl doch nicht. Micasa hat nämlich unterdessen reagiert und Webseite und Verpackung angepasst. Neu ist das Wort «wasserdicht» beim betroffenen Molton verschwunden. Stattdessen steht «hohe Feuchtigkeitsaufnahme».