Es war ein Traum, den sich der Vater zusammen mit seinen vier erwachsenen Kindern erfüllen wollte: Eine gemeinsame Reise nach Simbabwe und Südafrika. Um mögliche Probleme auf der Reise zu vermeiden, entscheidet sich die Familie für die Fluggesellschaft Swiss. Ein Fehlentscheid, wie sich herausstellen sollte.
Odyssee via Äthiopien samt Gelbfieber-Impfung
Einen Tag vor der Abreise teilt die Swiss der Familie mit, ihr Flug sei annulliert worden, man habe für sie umgebucht. Das heisst konkret: Statt von Zürich via Johannesburg, Südafrika, nach Victoria Falls, Simbabwe, muss die Familie über eine andere Route fliegen: von Zürich nach Frankfurt, von dort nach Addis Abeba, Äthiopien, und erst dann nach Victoria Falls.
Durch die Zwischenlandung in Äthiopien wird eine Gelbfieber-Impfung nötig. Und als wäre das noch nicht genug, geht auch noch das Gepäck verloren. Ausserdem verpasste die Familie einen Tag der Reise: Eine Übernachtung sowie eine gebuchte und bezahlte Safari.
Zurück in der Schweiz, meldet sich die Tochter bei der Swiss. Sie ist der Meinung, dass ihre Familie aufgrund der Annullation ein Recht auf eine Entschädigung in der Höhe von je 600 Euro hat. Sie stützt sich dabei auf die EU-Regelung über die Fluggastrechte, welche die Schweiz 2006 übernommen hat. Doch die Swiss stellt sich quer.
Plötzlich ist es eine «Verspätung»
Weil die Tochter mit ihrer Forderung bei der Swiss auf Granit beisst, meldet sie sich beim SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Merkwürdig: Als sich «Espresso» bei der Swiss meldet, ist plötzlich keine Rede mehr von einer Annullation. Auffallend deutlich betont ein Mediensprecher: Es habe sich um eine Verspätung gehandelt.
Schriftlich teilt die Swiss mit: «Der Flug startete am nächsten Morgen mit rund neun Stunden Verspätung nach Johannesburg.» Aus diesem Grund habe die Familie kein Recht auf eine Entschädigung, die sogenannte Ausgleichszahlung, von je 600 Euro pro Person.
Reiserechtsexperte Reto Ineichen überrascht diese Argumentation nicht. Denn in Sachen Verspätung hinkt die Schweiz der EU hinterher. Während Fluggesellschaften in der EU auch bei grossen Verspätungen eine entsprechende Entschädigung zahlen müssen, ist in der Schweiz die Rechtslage unklar. Ein entsprechendes Bundesgerichtsurteil fehlt. Doch Reto Ineichen ist überzeugt: «In diesem Fall bin ich klar der Meinung, dass diese Familie eine Ausgleichsentschädigung geltend machen kann.» Schliesslich habe diese Verspätung ja die gleichen Auswirkungen gehabt wie eine Annullation.
Familie will nicht aufgeben
Die Swiss bleibt dabei: Eine Entschädigung gibt es nicht. Die Fluggesellschaft zahlt der Familie nun lediglich die Kosten für den zusätzlichen Aufwand, also für die Gelbfieber-Impfung sowie die Kleider, welche die Familie kaufen musste, weil die Koffer nicht rechtzeitig in Victoria Falls ankamen. Dazu ist die Swiss aber so oder so verpflichtet, es handelt sich dabei nicht um Kulanz.
Die betroffene Familie will sich als nächsten Schritt an das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) wenden, welches in solchen Fällen Betroffenen zu ihrem Recht verhilft. Der Fall dürfte also noch weitere Kreise ziehen.
Immerhin: Nach dem verpatzten Ferienstart konnte die Familie ihre Traumreise in vollen Zügen geniessen.