«Ich und auch mein 80-jähriger Vater können uns nicht erinnern, dass es in den letzten 60 Jahren so schwere Unwetter gab.» Ende Juni setzte der Hagelsturm dem Gemüse von Bauer Hansueli Brandt aus Treiten (BE) arg zu. Danach kam der lange Regen und kürzlich wieder Hagel. Für die Salat- und Zwiebelernte hatte das einen Totalverlust zur Folge.
So wie Hansueli Brandt geht es vielen Bäuerinnen und Bauern im Grossen Moos – der Gemüsekammer der Schweiz. Ein Viertel der gesamten Schweizer Gemüseernte kommt von hier. So viel Hagel auf grosser Fläche ist aussergewöhnlich, deshalb haben viele Produzenten keine Hagelversicherung. Brandt, der auch Vizepräsident der Gemüseproduzenten-Vereinigung Bern/Fribourg ist, weiss warum: «Eine gute Versicherung ist sehr teuer, das schreckt viele ab. Ein einzelner Hagelsturm in zehn Jahren kann man finanziell selber verkraften, aber bei extremen Unwettern wie dieses Jahr, wird das schwierig.»
Grossverteiler beziehen mehr Gemüse im Ausland
Schwierig wird es auch, weil die Bäuerinnen und Bauern wegen dem nassen Wetter keine neuen Setzlinge pflanzen können. Die Einnahmen fehlen also nicht nur jetzt, sondern auch in naher Zukunft. Gleichzeitig klettern die Preise in die Höhe. Für einen Salatkopf bekäme Hansueli Brandt heute 1.30 Franken – mehr als doppelt so viel als in anderen Jahren. Aber eben: bekäme. Denn der Bauer kann diesen Sommer keine Salatköpfe anbieten. Und das bekommen auch die Konsumentinnen und Konsumenten zu spüren: Migros und Coop bestätigen, dass sie aktuell mehr Gemüse aus dem Ausland beziehen müssen. Alles lässt sich allerdings nicht auftreiben, Krautstiel zum Beispiel wird im Sommer praktisch nur in der Schweiz angebaut.
Allenfalls müssen die Grossverteiler bald so viel bezahlen, dass sie auf eine Bestellung verzichten.
Gemüseregale könnten zum Teil leer bleiben
Ausserdem wurde auch das Ausland von Unwettern heimgesucht. «In einigen Ländern herrscht ebenfalls Knappheit, man wird das Gemüse dort also nicht einfach so in die Schweiz verkaufen. Oder wenn, dann zu horrenden Preisen», erwartet Hansueli Brandt. Das bedeutet auch für Konsumentinnen und Konsumenten höhere Preise. Und weiter: «Allenfalls müssen die Grossverteiler bald so viel bezahlen, dass sie auf eine Bestellung verzichten, mit der Folge, dass gewisse Produkte in den Läden nicht mehr zu finden sind», so Brandt.
Die Auswirkungen des schlechten Wetters werden wohl noch länger zu spüren sein. Wegen dem vielen Wasser auf den Feldern könnten Kulturen wie Kartoffeln verfaulen. Und weil es für die Bauern unmöglich ist, ihre Felder zu pflegen, bestehe die Gefahr, dass sich Pilze ausbreiteten, erklärt der Experte.