Das ist passiert: Eine 15-jährige Luzernerin stieg am Mittag zusammen mit drei Freundinnen in einen regionalen Zug. Da der Eingang des 2.-Klasse-Wagens hoffnungslos überfüllt war, wichen die vier Mädchen zur nächsten Tür aus – es war ein 1.-Klasse-Wagen. Die Teenager wollten von ihrer Schule in Luzern Allmend zum Bahnhof fahren, eine Fahrt von vier Minuten.
Wo ist das Problem? Die vier Mädchen wurden an der Tür von zwei Kontrolleurinnen abgefangen und kassierten je eine Busse von 75 Franken. Trotz Jahresabo für diese Strecke und der Absicht, gleich in die zweite Klasse wechseln zu wollen, gab es kein Pardon. Eine Mutter findet die Reaktion unverhältnismässig und fragt bei der SBB nach, ob nicht mehr Augenmass angebracht wäre.
Was sagt die SBB zur Mutter? Die SBB schreibt, es sei strengstens verboten, sich mit einem 2.-Klasse-Billett in der 1. Klasse aufzuhalten. Dieses Verbot gelte «auch für Gänge, Vorräume und Einstiegsbereiche der Wagen». Die Mutter ist irritiert, schliesslich passiere es öfter, «dass man in der Eile den erstbesten Eingang nimmt und sich dann zur zweiten Klasse durchkämpft». Ob die Mädchen zu wenig schnell in Richtung 2. Klasse gelaufen sind, oder ob sie im Vorraum der 1. Klasse standen, lässt sich nicht mehr beweisen.
SBB urteilte in der Vergangenheit anders: 2016 schrieb die SBB in einem Artikel des Nachrichtenportals Watson zu diesem Thema: «In regionalen Zügen dürfen sich Passagiere mit einem 2.-Klasse-Billett im Eingangsbereich eines 1.-Klasse-Wagens aufhalten». In überregionalen Zügen sei das nicht erlaubt. Gemäss SBB sollte es dennoch keine Busse geben: «Die Zugbegleiter weisen freundlich darauf hin und verlangen in der Regel keinen Zuschlag.»
ÖV beharrt auf Korrektheit: Heute mag sich bei der SBB niemand mehr an diese Antwort erinnern. Das Archiv reiche nicht bis ins Jahr 2016 zurück, heisst es auf Anfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso». Auch die Luzerner Zentralbahn bleibt hart und betont, das Personal habe richtig gehandelt. Man müsse alle Reisenden gleich behandeln. Dabei sei es völlig irrelevant, dass die Fahrt maximal fünf Minuten dauerte. Die Busse wurde dennoch um die Hälfte reduziert.