ÖV-Mehrfahrtenkarten bleiben doch bis auf Weiteres im Sortiment. Auch wenn die Branchenorganisation Alliance Swiss Pass erst im März im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» bestätigte, dass die Entwertungskarten per Ende 2025 eingestellt werden.
SRF: Helmut Eichhorn, Geschäftsführer Alliance Swiss Pass, weshalb die Kehrtwende?
Helmut Eichhorn: Wir sagten letzten Herbst, dass wir im Sommer 2024 überprüfen wollen, wie sich die Situation bei allfälligen Nachfolgelösungen gestaltet. Das haben wir getan und festgestellt: Wir sind noch nicht so weit. Deshalb gibt es die Mehrfahrtenkarten weiterhin.
Das tönt nach Hüst und Hott – haben Sie die Einstellung voreilig kommuniziert?
Als wir vor etwa drei Jahren darüber gesprochen haben, gingen wir davon aus, dass wir bis 2025 für alle Kundengruppen eine Alternative für die Entwertungskarten anbieten können.
In der Zwischenzeit haben wir bereits gewisse Lösungen umsetzen können, aber noch nicht für alle Kundengruppen.
Was sagen die regionalen Verkehrsverbünde zu diesem Entscheid?
Der Entscheid wurde gemeinsam gefällt. Es gibt heute schon Verbünde, welche keine Entwerter-Geräte mehr haben. Diese sollen weiterhin die Möglichkeit haben, darauf zu verzichten. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Verbünde, für die die Mehrfahrtenkarte ein wichtiges Produkt ist. Diese kommen erst jetzt in die Phase, die Alternativlösungen aufzubauen.
Das tönt aber nach Willkür im Service Public: Ich als Kundin/Kunde habe dann einfach Glück oder Pech, ob ein Verbund die Mehrfahrtenkarte noch anbietet, oder nicht?
Willkür, da muss ich dezidiert widersprechen! Das ist nicht der Fall. Wir besprechen das gemeinsam in der Branche und entwickeln gemeinsame Standards. Je nach Möglichkeiten ist es aber bereits heute so, dass sich die Vertriebskanäle unterscheiden.
Gewisse Regionen sind schon sehr weit und haben bereits vor Jahren Papierlösungen abgestellt.
Unsere Aufgabe ist es, dieser Willkür entgegenzutreten, indem wir gemeinsame Lösungen entwickeln. Aber man muss akzeptieren, dass wir in einer föderalen Schweiz mit 26 Kantonen unterschiedliche Prioritäten haben. Gewisse Regionen sind da schon sehr weit und haben bereits vor Jahren Papierlösungen abgestellt. Andere Regionen brauchen mehr Zeit, und die wollen wir uns auch nehmen.
Was raten Sie konkret Eltern, deren Kinder ohne Smartphone oder Swisspass unterwegs sind?
Sie sprechen hier eine Kundengruppe an, bei der wir als Branche der Meinung sind: Da haben wir noch keine Lösung. Es gibt aber bereits Alternativen, welche getestet werden, zum Beispiel die Möglichkeit einer aufladbaren Karte. Dafür wollen wir uns Zeit nehmen.
Sie erwähnen den Faktor Zeit. Seit 2020 arbeitet die Branche an Alternativen: Weshalb dauert das so lange?
Also wir haben das Thema Ende 2021 an die Hand genommen. Und wir sagten immer: Wir wollen nichts abschaffen, wenn wir keine Alternativlösung haben. Daran halten wir weiterhin fest. Diese zusätzliche Zeit ist auch im Interesse aller Kundinnen und Kunden und der ganzen Branche.