Ab Juni müssen viele Mieterinnen und Mieter den Gürtel wohl enger schnallen. Eine aktuelle Umfrage der Nachrichtenagentur AWP unter grossen Vermietern zeigt, dass sich auf breiter Front Mietzinserhöhungen abzeichnen. Denn es gilt als sehr wahrscheinlich, dass am 1. Juni der Referenzzinssatz steigt. Damit dürfen die Vermieter auch die Mieten erhöhen – und sie werden dies laut der Umfrage auch mehrheitlich tun. Carmen Wettstein, die Präsidentin des Zürcher Mieterinnen- und Mieterverbands, sagt, wann und wie man sich gegen Mietzinserhöhungen wehren kann.
«Espresso»: Frau Wettstein, wann sollen sich Mietende gegen eine Mietzinserhöhung wehren?
Carmen Wettstein: Man soll sich immer dann wehren, wenn es zuvor nie eine Mietzinssenkung gegeben hat, wenn der Referenzzinssatz gesunken ist. In solchen Fällen sind Vermieter nicht berechtigt, die Miete zu erhöhen.
Man soll sich immer dann wehren, wenn es zuvor nie eine Mietzinssenkung gegeben hat, wenn der Referenzzinssatz gesunken ist.
Grundsätzlich dürfen Vermieter aber die Miete erhöhen, wenn der Referenzzinssatz steigt. Wann wäre eine solche Erhöhung missbräuchlich?
Das ist gesetzlich geregelt: Wenn der Referenzzinssatz bis zu einem Viertel steigt, kann der Nettomietzins um drei Prozent erhöht werden. Auch ein Teil der Teuerung kann überwälzt werden. Und dann gibt es noch eine dritte Komponente: Die allgemeine Kostensteigerung. Diese ist umstritten. Verbreitet sind hier Pauschalen – also beispielsweise eine Erhöhung der Miete um ein Viertel Prozent pro Jahr.
Konkret: Mit wie viel mehr Miete muss ich ab Juni rechnen, falls der Referenzzinssatz wie erwartet steigt?
Vermutlich gibt es eine Erhöhung zwischen vier und fünf Prozent.
Mit dem Mietzinsrechner des Mieterverbandes kann man selbst prüfen, ob die Erhöhung missbräuchlich ist oder nicht.
Und wenn ich das nicht akzeptiere?
Wenn Sie nicht einverstanden sind oder wenn falsch gerechnet worden ist, können Sie innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Mitteilung bei der Schlichtungsbehörde Ihres Wohnbezirks klagen.
Informationen vom Mieterinnen- und Mieterverband
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Davor scheuen sich viele Mieterinnen und Mieter – sie fürchten ein aufwändiges Verfahren …
Dabei ist es das gar nicht. Es braucht nicht einmal eine Begründung. Man muss der Schlichtungsbehörde nur mitteilen, dass man mit der Mietzinserhöhung nicht einverstanden sei, weil diese missbräuchlich sei. Mehr ist nicht nötig und es kostet auch nichts. Ich empfehle aber dringend, vorher zu prüfen, ob das auch stimmt. Einerseits gibt es bei den meisten Schlichtungsbehörden gratis Rechtsauskünfte. Zudem geben die Mieterverbände Auskunft – es gibt auch den Mietzinsrechner des Mieterverbandes, dort kann man selbst prüfen, ob die Erhöhung missbräuchlich ist oder nicht.
Wehren kann man sich ja auch, wenn man eine Wohnung neu übernimmt. Wann macht es Sinn, den Anfangsmietzins anzufechten?
Eine Anfechtung lohnt sich, wenn die Miete im Vergleich zum Vormieter sehr stark erhöht wurde. Ich habe schon Beispiele gesehen mit bis zu fünfzig Prozent Erhöhung. Häufig werden solche Fälle mit einem Vergleich erledigt – oft schon vor der eigentlichen Schlichtungsverhandlung. Wichtig ist: Wenn man anfechten will, muss man dies 30 Tage ab dem Erhalt der Schlüssel tun.
Das Interview führte Stefan Wüthrich.