Zum Inhalt springen
Audio
Dubiose Geldanlage-Anbieter nutzen Promis als Köder
Aus Espresso vom 08.04.2024. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 30 Sekunden.

Online-Betrug Krasser Fake mit Sandra Boner – kein Problem für Instagram

Eine geschmacklose Anzeige meldet den Suizid der SRF-Moderatorin. Die Plattform sieht darin keinen Verstoss.

Roger Federer, Marco Odermatt oder «Kassensturz»-Moderator André Ruch standen schon unfreiwillig Modell für Inserate und Werbefilme von dubiosen bis betrügerischen Geldanlage-Anbietern.

Audio
Betroffene können Beschwerde einreichen
aus Espresso vom 11.04.2024. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 56 Sekunden.

Diese bedienen sich jeweils frech am vorhandenen Bildmaterial, das sie dann nach ihrem Gusto zweckentfremden und online stellen. Die Absicht dahinter ist mittlerweile allgemein bekannt: Die Prominenten dienen als Köder, um ahnungslose Opfer abzuzocken.

Das überschreitet das Tolerierbare bei Weitem.
Autor: SRF-User

Seit einiger Zeit wird auch das Konterfei der SRF-Meteo-Moderatorin Sandra Boner für solche Fakes missbraucht. Im Feed eines Instagram-Nutzers aus dem Kanton Zug taucht ein besonders stossendes Beispiel auf.

Es zeigt die Moderatorin mit einem Friedhof im Hintergrund, neben ihrem Kopf eine einkopierte Seilschlinge und darunter die «Info», sie habe sich das Leben genommen. Er sei sich schon einiges gewohnt, schreibt der User dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso»: «Aber dieser Post sprengt meines Erachtens das Tolerierbare bei Weitem.»

Mühsamer Kampf gegen Betrugs-Inserate

Box aufklappen Box zuklappen

Im Netz kursieren weiterhin unzählige dieser betrügerischen Inserate mit Prominenten-Fotos und -Filmaufnahmen. Dagegen anzukämpfen, kommt für Polizei, Staatsanwaltschaften, Rechtsvertreter, aber auch für Betroffene einer Sisyphus-Arbeit gleich.

Gelegentlich gelingt es, mittels einer Abmahnung, einer Anzeige oder einer Klage vor Gericht einen Fake zum Verschwinden zu bringen, doch es tauchen immer wieder neue auf. Da die Verantwortlichen dieser Masche sowie grosse Plattformen wie Meta oder Google in der Regel im Ausland sitzen, gestalten sich die Ermittlungen schwierig und verlaufen nicht selten im Sand. Es sei aber möglich, in der Schweiz bei einem Gericht Klage einzureichen, sagt der Anwalt und Experte für Recht im digitalen Raum, Martin Steiger. Zum Beispiel gegen Meta wegen Mitwirkung bei einer widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzung. In der Regel melde sich dann erfahrungsgemäss ein Schweizer Rechtsvertreter des Konzerns. Dieser Weg sei aber für die meisten Betroffenen zu aufwendig.

Das Westschweizer Fernsehen RTS hat kürzlich Klage eingereicht wegen Identitätsmissbrauch bei zwei Moderatoren. Auch die Rechtsabteilung des SRF versucht, mit verschiedenen Massnahmen gegen die Betrugsmasche und den Bildmissbrauch seiner Moderatorinnen und Moderatoren vorzugehen. Bei der Cybercrimepolice, eine auf Internetkriminalität spezialisierte Einheit der Kantonspolizei Zürich, empfiehlt man in solchen Fällen auf Anfrage von «Espresso» ausdrücklich eine Anzeige wegen Identitätsmissbrauchs.

Verantwortlich für dieses Inserat ist scheinbar auch so ein Geldanlage-Vehikel, «Investissements Suisse». Eine Firma, die es nicht gibt. Vermutlich handelt sich letztlich um einen plumpen Phishing-Versuch, in dem die Hinterleute suggerieren, mit der richtigen Geldanlage ende man nicht so wie die Moderatorin.

Fühle mich machtlos
Autor: Sandra Boner Moderatorin SRF Meteo

Es ist nicht die erste Fake-Todesmeldung über Sandra Boner. Sie sei schon mehrfach und auf verschiedene Arten ums Leben gekommen, reagiert sie bei «Espresso» mit Galgenhumor. Doch eigentlich ist ihr das Lachen längst vergangen.

Wenn ich solche Inserate der jeweiligen Plattform melde, kommt jeweils zurück, es sei alles korrekt.
Autor: Sandra Boner Moderatorin SRF Meteo

Das Ganze sei mühsam und sie fühle sich machtlos. «Und wenn ich solche Inserate der jeweiligen Plattform melde, kommt jeweils zurück, es sei alles korrekt.» Dies kann die Meteo-Moderatorin in keiner Weise nachvollziehen.

Instagram: «Kein Verstoss»

Auch beim vorliegenden, krassen Beispiel, meldet Instagram dem Zuger User, das «Review-Team» habe festgestellt, dass die Werbeanzeige mit Sandra Boner «nicht gegen unsere Gemeinschaftsrichtlinien verstösst».

Lauterkeitskommission: Beschwerde möglich

Box aufklappen Box zuklappen

Neben einer Anzeige wegen Identitätsmissbrauchs oder einer Klage wegen Persönlichkeitsverletzung könnte man als Betroffene auch eine Beschwerde bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission einreichen.

Bislang habe man wegen dieser Fake-Inserate noch keine Beschwerde erhalten, sagt Kommissionspräsident Philipp Kutter auf Anfrage von «Espresso». Aber grundsätzlich sei das möglich. «Wenn eine Person oder auch eine Organisation findet, eine Werbung sei unlauter, zum Beispiel irreführend, kann sie eine Beschwerde einreichen und unsere Fachleute beurteilen sie dann.»

Wie man vorgehen soll, wird auf der Webseite der Lauterkeitskommission erklärt. Kommt es zu einem «Rüffel» an die Adresse der Inserate-Verantwortlichen, wirkt das in der Regel. Die Beschwerde ist kostenlos.

«Espresso» hakt nach, will vom Instagram-Mutterhaus Meta unter anderem wissen, weshalb es einen solch offensichtlich betrügerischen Fake als korrekt einstuft, und wie viel es an einer solchen Anzeige verdient. Reaktion: Keine.

Experte: lange Liste von Rechtsverletzungen

Martin Steiger, Anwalt und Experte für Recht im digitalen Raum, findet derweil allein in dieser Fake-Anzeige mit Sandra Boner eine Reihe von Verstössen quer durchs Straf- und Zivilgesetzbuch. Darunter falle der in der Schweiz neu eingeführte Straftatbestand des Identitätsmissbrauchs sowie unter anderem «krasse Ehrverletzungen» wie Verleumdung oder Beschimpfung, unlauterer Wettbewerb, Betrug und mehrere Arten von Persönlichkeitsrechtsverletzung.

«Espresso» ist an Ihrer Meinung interessiert

Box aufklappen Box zuklappen

Espresso, 08.04.24, 8:10 Uhr

Meistgelesene Artikel