Die erste Lieferung kam Anfang Oktober. Und dann ein Paket nach dem anderen: Bettwäsche, Hundespielzeug, Elektronik, Pullover etc. Der Mann aus dem Kanton Luzern erhält auch eine Monatsrechnung vom Onlinehändler Amazon.
Zunächst denken er und seine Partnerin an einen Irrtum. Vom Amazon-Kundendienst erfahren sie, dass auf seinen Namen ein Konto existiert. Nur hat der Mann dieses nicht selbst eröffnet und auch noch nie bei Amazon bestellt. Weiter erstaunlich: Jemand schreibt aus Deutschland im Namen dieses Mannes Fünf-Sterne-Bewertungen. Und zwar für Partnerhändler, die ihre Waren über Amazon verkaufen.
Gefälschtes Konto lässt sich nicht löschen
Mit diversen E-Mails und Telefonaten versucht der Mann, das Konto löschen zu lassen. Erfolglos. Der Amazon-Kundendienst scheint das Problem nicht zu verstehen. Dem Mann wird wiederholt geraten, sich einzuloggen und Bestellungen und Konto zu löschen. Dabei hat er gar keinen Zugriff. Und um das Passwort zurückzusetzen, bräuchte er einen Code. Dieser wird aber auf ein fremdes Handy geschickt.
Um das Konto zu löschen, verlangt Amazon nun diverse persönliche Informationen: Ausweiskopie, Telefonnummer, aktueller Adressnachweis und Kopie einer Anzeige. Bei der Polizei war der Mann. Die Anzeige wurde auch aufgenommen. Allerdings erhalte er keine Kopie, weil er nur als Auskunftsperson gelte. Geschädigt sei Amazon, habe es auf dem Polizeiposten geheissen. «Wir fühlen uns machtlos», sagt das Paar zu «Espresso».
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Nun wendet sich das SRF-Konsumentenmagazin an Amazon und plötzlich geht es schnell. Das falsche Konto und die gefälschten Bewertungen seien gelöscht, teilt der Onlinehändler mit. Ansonsten gibt es nur ein allgemein gehaltenes Statement: «Wir unterbinden in unserem Store proaktiv die Verwendung von gestohlenen Konto- und Zahlungsinformationen, unabhängig davon, woher Täter sie erhalten haben.»
Wir empfehlen allen Verbrauchern Vorsichtsmassnahmen zu treffen, um ihre persönlichen Daten zu schützen.
«Wir empfehlen allen Verbrauchern – ob Amazon-Kunden oder nicht –, Vorsichtsmassnahmen zu treffen, um ihre persönlichen Daten zu schützen.» Tipps gebe es auf den Hilfe-Seiten von Amazon. Im Zweifelsfall solle man sich an den Kundendienst wenden. Was der Mann ja vergeblich versucht hat. Zu den Hintergründen des Falles und zur Aufklärung des Betrugs sagt Amazon nichts.
Brushing – Imagepolitur auf Kosten anderer
Eine mögliche Erklärung gibt es dafür vom Nationalen Zentrum für Cybersicherheit NCSC. Max Klaus, stellvertretender Leiter der operativen Cybersicherheit, sagt, dass es sich wohl um sogenanntes Brushing (Polieren) handle: «Beim Brushing versucht jemand, in Online-Shops seine Bewertungen besser aussehen zu lassen, als sie tatsächlich sind.» Er poliert sein Image auf.
In vielen Shops kann jedoch nur bewerten, wer ein Kundenkonto und tatsächlich Waren bestellt hat. «Das erreichen die Betrüger, indem sie ein bestehendes Benutzerkonto hacken. Oder sie eröffnen im Namen einer x-beliebigen Person ein Konto und lassen nachher Pakete liefern.»
Tipps vom Nationalen Zentrum für Cybersicherheit
Ist man von Brushing betroffen, rät Klaus, direkt beim Online-Shop vorstellig zu werden: «Idealerweise mit eingeschriebenem Brief, so kann man auch beweisen, dass man eine Lieferung beanstandet hat.» Amazon habe für ungewollte Pakete auch eine eigene Meldeseite. Das NSCS hat den geschilderten Fall auf seiner Internetseite publiziert, samt Tipps und Links mit Hilfestellungen.