Die Panne bei den beiden Online-Casinos des Grand Casino Baden – «jackpots.ch» und «casino777.ch» – sorgte im Coronajahr 2020 für Schlagzeilen: Wegen eines Software-Fehlers beim externen Zahlungsabwickler des Casinos wurden die Spieleinsätze von über 1000 Personen fast drei Monate lang nicht vom Postfinance-Konto abgebucht, das sie benötigten, um ihr Spielkonto bei den beiden Online-Casinos zu alimentieren.
Irgendwann spielten manche mit Geld, das sie eigentlich nicht hatten. Als die Buchungen dann auf einen Schlag nachträglich doch noch verrechnet wurden, fiel ein Teil der Postfinance-Konten tief ins Minus – weit über das festgelegte Limit von, in der Regel, 500 Franken. Die Betroffenen standen von einem Tag auf den anderen vor einem Schuldenberg.
Casino hat 500 Betroffene entschädigt
Das Grand Casino Baden hat aus der Panne Konsequenzen gezogen und unter anderem jenem Zahlungsabwickler gekündigt, der für die Panne verantwortlich war. Und man habe 500 Spielerinnen und Spieler mit insgesamt rund 500'000 Franken entschädigt, sagt Mediensprecher Sadi Brügger im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Zudem sei die Zahlungssoftware sukzessive modernisiert worden, so Brügger. Der Abgleich zwischen Spieler- und Postfinance-Konto werde heute viel engmaschiger gemacht, und es gebe auch viel mehr Kontrollen, damit ein solcher Vorfall nicht mehr passieren sollte. Das Casino betreibt heute übrigens nur noch die Plattform «Jackpots».
Überzugslimit als vereinbarte Vertrauensgrundlage
Nicht alle Spielerinnen und Spieler sind indes auf das Entschädigungsangebot des Casinos eingegangen. Eine Gruppe von 16 Betroffenen hat mit Unterstützung einer Anwaltskanzlei den Rechtsweg gegen Postfinance beschritten.
Im Fokus die Überzugslimite: Diese sei sozusagen die Vertrauensgrundlage für den Spieler, sagt Rechtsanwalt Michael Bader. Und Postfinance hätte dafür sorgen müssen, dass sie nicht überschritten wird.
Da in der Schweiz keine Sammelklage möglich ist, wurde ein Musterprozess mit einem der Betroffenen durchgeführt.
Weitere Prozesse könnten folgen
Nun liegt ein rechtskräftiger Entscheid des Berner Obergerichts vor: Der Spieler muss Postfinance die über die Limite von 500 Franken hinausgehenden Schulden nicht zurückzahlen. Der Betroffene dürfe sich auf diese Limite verlassen, und Postfinance hätte deren Einhaltung garantieren müssen, heisst es unter anderem im Urteil, das «Espresso» vorliegt.
Nach dem – aus Sicht der Spieler – erfolgreichen Prozess, will Anwalt Bader Postfinance nun ein Angebot unterbreiten für eine aussergerichtliche Einigung für die anderen 15 Betroffenen, die sich bei seiner Kanzlei gemeldet und den Musterprozess mitfinanziert haben. Gehe sie nicht darauf ein, bringe man jeden der weiteren 15 Fälle einzeln vor Gericht, kündigt er an.