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Betrug mit Wein: Zwölf Flaschen für 760 Franken
Aus Espresso vom 13.06.2024. Bild: imago_Panthermedia
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Staatsanwaltschaft ermittelt Dreister Weingauner liefert nicht bestellten Wein

Ein Solothurner erhält völlig überteuerten Wein. Bestellt hat er ihn nie. Dahinter steckt eine dubiose Figur.

Bei einem Mann aus dem Kanton Solothurn meldet sich ein angeblicher Zöllner aus Genf. Sie hätten eine Weinlieferung für ihn. Was sie damit machen sollen. Der Mann weiss nichts von einer Weinbestellung. Nach einem weiteren Anruf vom «Zoll» ist er verunsichert und willigt ein, dass ihm der Wein geliefert wird.

Er erhält zwölf Flaschen und eine Rechnung über 760 Franken. «Ich habe gleich gemerkt, dass es Betrug ist», erzählt er im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Der angeblich 60-fränkige Wein kostet in der Schweiz zehn Franken. Der Weinproduzent in Frankreich empfiehlt einen Verkaufspreis von sechs bis sieben Euro.

Weinbetrug: Die Tipps der Fachstellen

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  • Der Konsumentenschutz und die Kriminalprävention Schweiz empfehlen, das Gespräch sofort zu beenden, wenn einem jemand telefonisch Wein verkaufen möchte.
  • Die zuständige Staatsanwältin rät in Zusammenhang mit betrügerischen Weinlieferungen Anzeige zu machen. Speziell bei Drohungen und Druckversuchen durch die Weingauner.

    Wichtig zu wissen: Bei sogenannten Haustürgeschäften haben Konsumentinnen und Konsumenten ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Dieses beginnt erst dann zu laufen, wenn der Verkäufer die Kundschaft über dieses Recht informiert hat. Das muss schriftlich oder in einer anderen beweisbaren Form geschehen sein.
    • Weinbetrüger setzt Druck auf

      Der «Weinverkäufer» und sein «Rechtsvertreter» setzen den Solothurner unter Druck: Er habe den Lieferschein unterschrieben und müsse den Wein bezahlen. Ansonsten würden sie sein Bankkonto sperren lassen. Der Mann lässt sich zum Glück nicht beeindrucken. Nach einem längeren Hin und Her holt die Bieler Transportfirma, die für den Weingauner ausliefert, den Wein wieder ab.

      «Espresso» ist an Ihrer Meinung interessiert

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      Die Recherche des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» zum Weingauner ergibt eine ganze Liste von Ungereimtheiten:

      • Chaos mit Namen: Der Weinhändler gibt auf der Rechnung keine Adresse an. Von wo aus er agiert, ist nicht bekannt. Die Rechnung stammt angeblich von «Les Vignerons Réunis». Auf dem Lieferschein steht aber «Les Familles des Grands Vins». Zu dieser gehört auch die Mailadresse auf der Rechnung.
      • Missbrauch von Logos: Unter dem Namen «Les Familles des Grands Vins» wurde vor zwei Jahren das Logo der Handels- und Industriekammer Frankreich Schweiz (CCIFS) missbraucht. Diese hat Anzeige erstattet und eine Warnung veröffentlicht. Auf der aktuellen Rechnung wird das Logo des französischen Patentinstituts INPI missbraucht. Nach einem Hinweis von «Espresso» hat dieses seinen Rechtsdienst eingeschaltet.
      • Mehrere Anzeigen: Der Weingauner gibt auf der Rechnung missbräuchlich die Webseite der «Union des Grand Crus Bordeaux» an. Diese hat ebenfalls Anzeige erstattet. Die Firmennummer auf der Rechnung gehört «Les Enfants de Bacchus» in Belgien. Vor Weinbetrug unter diesem Namen wurde bereits vor elf Jahren gewarnt. «Les Enfants de Bacchus» gehört einem Jean-Jacques Davrainville: der mutmassliche Weingauner. Ihm gehört auch das französische Bankkonto auf der Rechnung des Solothurners. In der Schweiz gab es mehrere Anzeigen gegen ihn. Unter anderem wegen versuchten Betrugs, Drohung und Nötigung. Einem Kunden soll der Weingauner mit einem Schlägertrupp gedroht haben, falls er nicht bezahle.

      «Espresso» hat Jean-Jacques Davrainville per E-Mail erreicht. Er wollte keine Stellung nehmen. Die jurassische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn.

      Das gilt beim Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften

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      • Haustürgeschäfte sind im Obligationenrecht geregelt.
      • Wurde ein Verkaufsvertrag am Telefon, beim Kunden zu Hause oder auf der Strasse abgeschlossen, kann er während 14 Tagen widerrufen werden.
      • Die Frist beginnt ab dem Moment zu laufen, in dem der Kunde über das Widerrufsrecht informiert wurde.
      • Der Verkäufer muss die Kundin schriftlich oder in einer anderen nachweisbaren Form über das Widerrufsrecht und die informiert haben. Der Verkäufer muss dies belegen können (auch das Datum der Information).
      • Der Wert der Ware muss über 100 Franken liegen.
      • Das Widerrufsrecht gilt nicht, wenn der Kunde die Vertragsverhandlungen ausdrücklich selbst gewünscht hat. Es gilt auch nicht für Verkäufe an Markt- und Messeständen.
      • Das Widerrufsrecht gilt nur für Sachen oder Dienstleistungen für den privaten Gebrauch. Es gilt also nicht für Firmen.

      Espresso, 13.06.24, 08:10 Uhr

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