Die Rente vieler Seniorinnen und Senioren reicht kaum zum Durchkommen. Gemäss einer neuen Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW im Auftrag der Pro Senectute stellen Zehntausende von Seniorinnen und Senioren, die eigentlich Anrecht hätten, dennoch keinen Antrag auf Ergänzungsleistungen EL. Die Hürde ist offenbar zu hoch. Im Interview mit «Espresso» hilft Peter Burri, Leiter Kommunikation bei der Pro Senectute, weiter.
SRF «Espresso»: Was sind die Gründe dafür, dass viele Seniorinnen und Senioren keine Ergänzungsleistungen beantragen?
Peter Burri: Die einen wissen schlicht nicht, dass es EL zur AHV gibt. Andere verzichten, weil sie dem Staat nicht zur Last fallen möchten. Insbesondere in ländlichen Gebieten spielt Scham mit. Man hat Angst, dass darüber geredet wird.
Wie findet man heraus, ob man Anspruch hat auf EL?
Grundsätzlich, wenn die Ausgaben höher sind als die Einnahmen. Im Pensionsalter sind das die AHV und oft eine Pensionskasse, die aber vielleicht sehr klein ist. Wenn das nicht mehr reicht, kann man davon ausgehen, dass man EL-berechtigt sein könnte. Zu berücksichtigen ist , ob man in der Vergangenheit Geld verschenkt oder vererbt hat, ob man zu viel verbraucht hat oder einen Partner hat, der noch arbeiten könnte. Solche Dinge können bewirken, dass zwar zu wenig Geld im Portemonnaie ist und man dennoch keinen Anspruch auf EL hat.
Informationen zu Ergänzungsleistungen
Als Hilfsmittel bietet Pro Senectute einen EL-Rechner an, um den Anspruch grob zu prüfen…
Ja, im EL-Rechner gibt man seine Daten ein und sieht rein theoretisch, ob man allenfalls Anspruch hätte. Um es genau zu wissen, braucht es einen Antrag. Diesem folgt ein Verfahren mit Einzelfallprüfung.
Was muss man konkret tun, um EL zu erhalten?
Zunächst muss man die entsprechenden Dokumente bei der lokalen Ausgleichskasse anfordern. Die ist meist beim Kanton angesiedelt. Damit kann man einen Antrag stellen und auch gewisse Unterlagen einreichen. Aufgrund der Einzelfallprüfung wird dann entschieden, ob man berechtigt ist und wie hoch die ergänzenden Leistungen sind.
Vielleicht hat man eine Person in der Verwandtschaft oder im Bekanntenkreis, bei der man vermutet, dass sie vielleicht EL beziehen könnte. Soll man das ansprechen? Und wie?
Jemand auf das finanzielle Prekarität anzusprechen, ist eine schwierige Geschichte. Manchmal hilft schon ein Hinweis auf den EL-Rechner. Oder man sagt, dass man etwas gelesen oder am Radio gehört habe über Ergänzungsleistungen, die eben keine Sozialhilfe sind. Das sei spannend gewesen. Man kann also indirekt darauf hinweisen. Wichtig ist es, zu sagen, dass man ein Anrecht auf EL hat, wenn man die Bedingungen erfüllt. Denn es ist eine ergänzende Leistung – keine Hilfe oder Nothilfe.
…für die man sich auch nicht schämen muss…
Absolut! Darum auch der Name «ergänzende Leistung zur AHV».
Einige Betroffene schrecken all die Formulare und Behördengänge ab, um EL zu beziehen. Es ist ihnen zu kompliziert, vielleicht sind sie überfordert. Wo erhalten sie Hilfe?
Bei der Pro Senectute. Das ist eine wichtige Leistung, die wir schweizweit in unseren 130 Beratungsstellen anbieten. Eine solche Beratung ist kostenlos. Man kann sich auch Unterlagen kommen lassen oder bei der Ausgleichskasse oder der Wohngemeinde melden. Aber es ist eine komplexe Geschichte. Deshalb helfen wir gerne, weil wir wollen, dass diejenigen, die berechtigt sind, auch wirklich EL erhalten.