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Identitätsklau bei Onlineshops Tatort Briefkasten – Betrugsmasche belastet Betroffene schwer

Online-Betrüger nutzen fremde Identitäten für Bestellungen – die Opfer müssen sich mühsam gegen Mahnungen wehren.

Julia Z.* kann es kaum glauben, als sie plötzlich eine dritte Mahnung für eine Nintendo-Switch-Spielkonsole erhält – bestellt in ihrem Namen, aber nicht von ihr. Doch damit nicht genug: Bald trudeln weitere Rechnungen ein, darunter Erotikartikel und Dessous. Ein Betrüger hat ihre Identität missbraucht, Waren bestellt und offenbar aus ihrem Briefkasten geklaut.

Auch Raphael K.* wurde Opfer der Betrugsmasche. Betrüger bestellen auf seinen Namen beim Onlinehändler Conforama ein Handy für 900 Franken. Die Folge: Enormer bürokratischer Aufwand. K. berichtet von langen, mühsamen Telefonaten mit dem Kundenservice, die kaum Klarheit bringen: «Ich habe x-mal bei Conforama angerufen, niemand wollte mir glauben» – und das, obwohl er den Betrug bei der Polizei angezeigt habe.

Conforama äussert sich zu den Vorwürfen wie folgt: «Nachdem der Fall bei uns intern aufgenommen (…) wurde, haben wir (…) die Angelegenheit sofort (…) weitergeleitet, mit der Aufforderung zur Stornierung der Rechnung.» Ein «Beharren auf Bezahlung» sei für Conforama somit nicht nachvollziehbar.

Sicherheitsmassnahmen funktionieren nicht immer

Ein Selbstversuch von «Kassensturz» zeigt, wie mit etwas Aufwand betrogen werden kann. Reporter Tim Haag bestellt bei Brack und bei Zalando ein Parfum und eine Sonnenbrille im Wert von je 300 Franken auf den Namen einer Redaktionskollegin und eines Redaktionskollegen und holt die Bestellungen ohne Schwierigkeiten aus ihren Briefkästen. Bei anderen Shops funktioniert das Bestellen auf fremden Namen nicht – hier greifen die Sicherheitsmassnahmen offenbar.

«Kassensturz» ist an Ihrer Meinung interessiert

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Der Geschäftsführer des Schweizer Handelsverbands, Bernhard Egger, erklärt, jeder Onlineshop habe diverse Prüfkriterien, um solche Betrugsmaschen zu unterbinden – darunter Betrugs-Abfragen bei Unternehmen, die Bonitätsprüfungen anbieten, sowie detailliertere Überprüfungen für teure Produkte. Trotz dieser Massnahmen erweise es sich als schwierig, zwischen normalen und betrügerischen Bestellungen zu unterscheiden.

Julia Z. haben die wiederholten Betrugsfälle psychisch stark belastet: «Man fühlt sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher», erzählt sie. Die Bestellungen auf ihren Namen hören erst auf, als Julia Z. umzieht.

Was Betroffene tun können

Frédéric Krauskopf, Professor für Privatrecht an der Universität Bern, rät Betroffenen, sich schnellstmöglich bei den Rechnungsstellern zu melden: «Untätig bleiben ist nie eine Lösung.» Es empfehle sich, schriftlich zu reagieren, um im Zweifelsfall Belege für die Reklamation zu haben. Die Post empfiehlt ausserdem, einen Post-Account zu eröffnen, um bei missbräuchlichen Bestellungen frühzeitig informiert zu werden und Massnahmen ergreifen zu können.

Espresso, 17.3.25, 8:10 Uhr

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