Wie zehntausende andere Schweizer Haushalte hat die chinesische Billig-Plattform Temu die Familie Maceira in den Bann gezogen: «Temu zieht uns an, die tiefen Preise machen Lust aufs Einkaufen. Jetzt kaufen wir mehr Sachen, die wir uns früher nicht leisten konnten. Und ja, es stimmt, unser Konsum ist etwas angestiegen», erzählt José Maceira.
Und seine Frau doppelt nach: «Im Laden müssen wir 19 bis 20 Franken ausgeben, nur für ein T-Shirt. Bei Temu kann man schon für vier, fünf Franken eines bekommen.»
Bis zu einer Milliarde Schweizer Umsatz
Die Shopping-Wunderwelt von Temu ging in der Schweiz im März 2023 auf – und gewinnt Marktanteile im Onlinehandel. Temu veröffentlicht keine Zahlen. Schätzungen gehen jedoch von einem Schweizer Umsatz von bis zu einer Milliarde Franken im Jahr 2024 aus.
Die Temu-App ist in vielen Ländern die Nummer-1-Shopping-App. Kleider, Kosmetika, Elektrogeräte: Auf Temu ist fast alles zu finden. Doch in welcher Qualität?
Geschmolzenes Kabel bei USB-Ladestecker
Ein USB-Ladestecker, den Nico Hötzer bei einem Händler gekauft hatte, wurde ihm fast zum Verhängnis. Als er über Nacht sein Handy, eine Smartwatch und eine Powerbank damit laden wollte, schmolz das Kabel durch. Er wagt nicht daran zu denken, was hätte passieren können: «Es hätte einen Brand entfachen können, der wahrscheinlich auch meine Matratze erfasst hätte.»
Die Sendung «Marktcheck» der ARD hat zwölf Elektrogeräte, allesamt extrem günstig eingekauft bei Temu, auf ihre Sicherheit überprüfen lassen. Der Verband der Elektrotechnik (VDE), die Instanz für Elektrosicherheit in Deutschland, testete die Produkte.
Gefälschtes Zertifizierungssiegel
Ein Elektro-Mehrfachstecker verfügt über ein VDE-Zertifizierungssiegel, das die VDE-Tester jedoch nie ausgestellt haben. Geräte, etwa ein Lockenstab, kommen mit Aufklebern mit versprochener Watt-Leistung, die jedoch im Praxistest nicht erreicht wird.
Ein Mehrfachstecker aus China verspricht eine Leistung von 3250 Watt, wofür die Zuleitungskabel nicht ausreichen. Sie müssten doppelt so dick sein. «Wenn ich diese Leistung tatsächlich über diese Steckdose abrufe, ist diese Zuleitung überlastet», erklärt Testleiter Hendrik Schäfer. Und sie könnte so in Brand geraten.
Elf von zwölf Elektroprodukten ohne EU-Standard
Zwölf Elektroprodukte von Temu wurden im VDE-Labor untersucht. Das Ergebnis: Elf waren auffällig und entsprachen nicht den EU-Standards. Für die Käufer sind sie zum Teil ein Sicherheitsrisiko.
Was sagt Temu dazu? Das Unternehmen erklärt, man habe die getesteten Produkte unverzüglich vom Markt genommen. «Rund um die Uhr setzen wir ein algorithmisches Überwachungssystem ein, um nicht-konforme Produkte aus dem Verkehr zu ziehen.»