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Temu: Willkürliche Bussen gegen Händler
Aus Echo der Zeit vom 10.09.2024. Bild: IMAGO/Ralf Homburg
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Kontroverser Onlinemarktplatz Wie Temu seine Händler schröpft

Der Onlinehändler deckt Anbieter mit Strafen ein und fordert ruinöse Preissenkungen. Die Qualität der Produkte leidet.

Bussen von insgesamt 1.3 Millionen Yuan habe er von Temu erhalten, sagt ein Kleiderproduzent gegenüber SRF News. Das sind umgerechnet über 150'000 Franken. Über die Plattform verkaufe er vor allem Damenmäntel. Pro Stück verdiene er rund 50 Rappen.

Ein Pfannenhersteller schätzt, dass er 20-30 Bestellungen pro Tag über Temu erhalte. Täglich gäbe es eine Busse.

Härtere Regeln als andere Billiganbieter

Die Hersteller bestrafen hat System. Hunderte Anbieter belagerten deshalb Ende Juli erneut die Büros des Onlinemarktplatzes. Sie forderten eine Änderung der Geschäftspraxis.

Temu-Gründer Collin Huang reichste Person Chinas

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Der 44-jährige Collin Huang hat 2015 den chinesischen Onlinemarktplatz Pinduoduo, kurz PDD, gegründet. Zuvor machte der Softwareingenieur seinen Master an der University of Wisconsin und sammelte Arbeitserfahrung bei Microsoft und Google, um dann seine erste E-Commerce-Firma Oku zu gründen, die er anschliessen verkaufte.

Temu wurde 2022 unter dem Mutterkonzern PDD in Leben gerufen. Zu diesem Zeitpunkt war Huang keine führende Funktion mehr bei PDD. Er ist aber immer noch der grösste Aktionär des an der Technologiebörse in New York gelisteten Konzerns. Mit einem Vermögen von geschätzten 48.6 Milliarden Dollar war Huang, gemäss Bloomberg, der zwischenzeitlich reichste Mensch Chinas.

Der Kleiderhersteller sagt, er werde gebüsst, wenn eine Kundin eine negative Bewertung abgibt. Auch wenn ein Kleidungsstück zu lang oder zu kurz sei, zu gross oder zu klein, ständig werde er gebüsst.

Wie die anderen Produzenten verkaufe er seine Kleider auch auf anderen Plattformen wie Shein, Aliexpress und Amazon. Auf keiner der anderen Plattformen gäbe es so viele Strafen.

Temu gibt sich kulant

Temu schreibt auf Anfrage, man verhänge Strafen für Probleme mit der Qualität und der Einhaltung von Vorschriften bei Produkten. Und fügt an: «Obwohl Strafen notwendig sind, um einen qualitativ hochwertigen Marktplatz aufrechtzuerhalten, setzen wir uns für eine faire Durchsetzung und Streitbeilegung ein.»

Person surft auf einem Tablet auf einer Online-Mode-Shop-Seite mit verschiedenen Kleidungsstücken.
Legende: Strafregime und harte Preispolitik sorgen für Kritik von Anbietern beim Onlinemarktplatz Temu. Keystone/LAURENT GILLIERON

Die Produzenten zeichnen ein anderes Bild. Die Plattform lasse sie im Dunkeln, warum es genau Strafen gäbe. Deshalb wüssten sie nicht, wie sie ihre Produkte verbessern könnten, um Bussen zu vermeiden.

Raue Preispolitik

Ein weiteres Ärgernis für die Produzenten sind die penetranten Aufforderungen, die Preise zu senken. Täglich erhalte er Meldungen und das sei irritierend, sagt der Pfannenhersteller. Andere Billig-Plattformen seien nicht so hartnäckig.

Die Aufforderung, Preisen zu senken, sei oft mit der Drohung verbunden, die Produkte würden bei Sucheranfragen schlechter platziert, beklagen die Hersteller.

Die Mehrheit der Händler habe mit den Richtlinien des Unternehmens Erfolg und profitiere von steigenden Umsätzen und positivem Kundenfeedback, schreibt Temu. Man sei sich bewusst, dass es bei einigen Händlern zu Problemen kommen könne, und man arbeite kontinuierlich daran, ihnen bei der Verbesserung ihrer Produktqualität zu helfen.

Scheidung wegen Temu

Das Gegenteil sei der Fall, meinen die Hersteller. Unter dem Preisdruck müsse er die Produktion anpassen, die Qualität leide, sagt der Pfannenhersteller. Dies wiederum hinterlasse bei den Kunden in Übersee einen schlechten Eindruck für Produkte «Made in China».

Der Kleiderfabrikant, der wegen der Preisdrückerei und der Bussenflut sein Auto verkaufen musste und einen Kredit auf sein Haus aufgenommen habe, will nichts mehr mit Temu zu tun haben. «Weil ich so viel Geld auf Temu verloren haben, will sich meine Frau scheiden lassen.»

Echo der Zeit, 10.09.24, 18:00 Uhr;stal

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