Diese fast schon penetrante Werbung. Ist das das Erfolgsrezept von Temu? Ja, das kann man so sagen. Temu wird nämlich in diesem Jahr 3 Milliarden Dollar in Werbung investieren, schätzt die Grossbank JPMorgan Chase. Temu investiert so viel, dass Meta 10 Prozent des Werbeumsatzes dank der App macht. Diese Werbung soll dazu führen, dass dort, wo man ist – am Smartphone – eben auch geshoppt wird. Zusammen mit den absoluten Tiefpreisen soll das die Kundinnen und Kunden zum sofortigen Kaufen verlocken. Auch wenn die App mal heruntergeladen ist, bleibt die Werbung penetrant: Ständig pusht die App mit «Sonderangeboten» – dabei sind die Preise immer konstant tief.
Führt das alles auch tatsächlich zum Verkaufserfolg? Ja. Über 100 Millionen Downloads hat Temu im Google Play Store. Das zeigt sich auch in hohen Umsatzzahlen. Laut Einschätzung des E-Commerce-Beratungsunternehmens Carpatia lag der Umsatz alleine in der Schweiz bei 350 Millionen Franken – und das im ersten Jahr. In den USA konnte Temu bereits die ersten Prozente Marktanteil für sich gewinnen.
Wie kann Temu die Waren zu so tiefen Preisen anbieten? Ein Grund ist, dass die Waren direkt aus der Fabrik geliefert werden. Temu betreibt keine Lager. Das hält die Preise tief, treibt aber die Lieferzeiten in die Höhe. Der Broker Bernstein in den USA vermutet aber, dass Temu trotzdem pro verkauftes Produkt zehn US-Dollar verliert. Temu verkauft also Produkte mit Verlusten, nur um Marktanteile zu gewinnen. Das kann die Firma noch stemmen, weil im Heimmarkt China macht der Mutterkonzern Pinduoduo jedes Jahr 12 Milliarden Dollar Umsatz.
Im Moment macht Temu im europäischen Raum also sogar Verlust. Kann das langfristig funktionieren? Natürlich nicht. Der Konzern nimmt das aber in Kauf, weil es sehr schwierig ist, die ersten paar Prozent Marktanteil in den USA und Europa zu bekommen. Ist man mit einem Fuss drin, ist es einfacher, den Marktanteil zu steigern. Zumindest in den USA ist das bereits gelungen: Temu hat die 2-Prozent-Marke geknackt. Damit ist der Shop aber noch weit entfernt vom Dominator Amazon mit 38 Prozent Marktanteil.
Ist Temu also eine ernstzunehmende Konkurrenz für Zalando, Amazon und Co.? Noch nicht, weil es eben nur «Chinaware» ist und eine auf Kleider und Nippes beschränkte Angebotspalette. Aber das kann ja alles noch ändern. Shein bietet zum Beispiel mittlerweile auch höherwertige Kleider an. Die Frage ist einfach, ob Temu es schafft, ins hochwertige Segment aufzusteigen, ohne dass die Leute abspringen. Weil ewig kann der Mutterkonzern Pinduoduo natürlich nicht Geld verlieren mit dem Europageschäft.