Die eckigen, beigen Planzer-Lieferwagen mit dem roten Planzer-Schriftzug sind im Alltag unübersehbar. Vor vier Jahren ist der grösste, private Logistikdienstleister Planzer ins Päckli-Geschäft eingestiegen. Das Unternehmen bezeichnet sich selber als Premium-Lieferant. Doch: Die Arbeitsbedingungen für viele Chauffeure sind offenbar prekär.
13-Stunden-Tage und keine Zeit für WC-Pausen
Verschiedene Planzer-Fahrer berichten gegenüber «Kassensturz» von Arbeitstagen, die regelmässig 13 oder 14 Stunden dauern. «Wir haben so viel Druck, dass wir nicht einmal Zeit für einen Toilettenbesuch haben. Wir müssen im Auto in eine Flasche urinieren.»
Sie legen Abrechnungen vor, die mehrmals Wochenarbeitszeiten von 50 bis 70 Stunden belegen. Das Gesetz erlaubt maximal 50 Stunden. Überschreitungen sind nur ausnahmsweise erlaubt.
Kurzfristige Dienstplanänderungen
Vorgeschrieben ist auch, dass der Dienstplan mindestens zwei Wochen im Voraus bekannt ist. Planzer-Fahrerinnen und -Fahrer erleben etwas anderes: Der Plan für die nächste Woche komme immer erst am Freitag oder Samstag. «Die meisten haben Familie, so können wir nichts planen. Das späteste, das ich erlebt habe, war Sonntagabend, 12 Stunden vor Arbeitsbeginn. Das geht nicht.»
Noch stossender: Per Chat-Nachricht erfahren Chauffeure teilweise erst am Vortag, dass sie am nächsten Morgen doch nicht arbeiten müssen.
Massiv überladene Fahrzeuge…
Doch nicht nur die überlangen Arbeitszeiten sind eine Gefahr im Strassenverkehr. Die Lieferwagen würden in den Depots immer wieder massiv überladen. Die Chauffeure zeigen entsprechende Belege. In einem Fall war das zulässige Gesamtgewicht von 3,5-Tonnen um fast eine Tonne zu schwer!
Brisant: Chauffeure, die mit überladenen Fahrzeugen unterwegs sind, machen sich laut Syndicom-Gewerkschafter Urs Zbinden strafbar. Erstaunlich: Eine Fahrzeug-Waage gibt es auf dem betreffenden Planzer-Areal nicht.
… und eine Aufforderung, den Fahrtenschreiber auszuschalten
Würden Fahrer angewiesen, mit überladenen Lieferwagen zu fahren, sei das ganz klar illegal, sagt Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich: «Da geht es um Sicherheit der Fahrzeuge. Wenn Arbeitgebende von Arbeitnehmenden eine Verletzung der Strassenverkehrsregeln verlangen, dann macht sich auch der Arbeitgeber strafbar.»
Noch schockierender: Ein Fahrer, der seine maximale Lenkzeit ausgeschöpft hatte, wurde aufgefordert, den Fahrtenschreiber zu deaktivieren und weiterzufahren. Laut Roger Rudolph ein gravierender Verstoss und eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.
Planzer-Chef gesteht Missstände ein
Im Interview mit «Kassensturz» gibt der Inhaber und Geschäftsführer des Unternehmens, Nils Planzer, Missstände zu. Das Unternehmen sei noch im Aufbau, was Probleme verursache. «Ich bin überhaupt nicht stolz und jedes Mal, wenn ich einen Fehler höre von unserer Unternehmung, stört mich das enorm.» Nils Planzer unterstreicht, dass es sich bei den aufbegehrenden MitarbeiterInnen um eine Minderheit handle.
Ausgeschaltete Fahrschreiber seien allerdings ein No-Go. Ab sofort müsse das Gesetz in allen Bereichen eingehalten werden. Um überladene Fahrzeuge zu vermeiden, werde umgehend eine mobile Waage installiert. Und die Planer würden angehalten, Fahrt- und Ruhezeiten strikte einzuhalten.