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Statt Vermögen nur AHV Vermögensverwalter stürzt Millionärin in Existenznöte

Weil ihr Vermögensverwalter beim Investieren alles auf eine Karte setzt, ist eine Rentnerin finanziell am Ende.

Es ist eine Geschichte, die kaum zu glauben ist. Eine mittlerweile 70-jährige Frau erbt vor Jahren ein Vermögen von fast einer Million Franken. Doch statt einen sorgenfreien Lebensabend zu geniessen, stürzt sie ins finanzielle Nichts. Schuld ist die katastrophale Anlagestrategie ihres Vermögensberaters.

Rückblick: 2014 schliesst die Frau einen Vermögensverwaltungsvertrag ab mit der Wendelspiess Partners AG, eine von der Finanzmarkt-Aufsicht Finma lizenzierte Vermögensverwaltung. «Ich habe immer wieder gesagt, dass ich nur eine bescheidene Pension habe und nach der Pensionierung von diesem Geld leben muss», erzählt die Rentnerin. Steten Zugriff auf ihr Geld, das war ihr das Wichtigste.

Schockierende Auskunft: «Wir können nichts mehr für Sie tun»

Firmengründer Pius Wendelspiess habe stets betont, alles im Griff zu haben: «Wir lassen es nicht so weit kommen, dass etwas passiert. Wir greifen vorher ein», seien seine Worte gewesen. Lange läuft auch alles gut. Die Frau erhält von Wendelspiess monatlich rund 4600 Franken.

Wer kontrolliert eigentlich Vermögensverwalter?

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In der Schweiz benötigen gewerbsmässige Vermögensverwaltungs-Firmen eine Bewilligung der Finanzmarktaufsicht Finma. Diese äussert sich zu vorliegendem Fall gegenüber «Kassensturz» nicht.

Vermögensverwaltungen müssen ausserdem von einer sogenannten Aufsichtsorganisation AO beaufsichtigt werden. Im Falle von Wendelspiess Partners AG ist das die Fincontrol Suisse.

Diese schreibt auf Anfrage: «Der fragliche Fall ist der Fincontrol Suisse AG bekannt, und die Fincontrol Suisse AG hat nach Eingang entsprechender Hinweise umgehend verschiedene Massnahmen im Rahmen der ihr zustehenden Aufsichtsinstrumente eingeleitet, um den Sachverhalt umfassend abzuklären und festzustellen.»

Doch ab Herbst 2023 stocken die Zahlungen. Und einige Monate später fliesst gar kein Geld mehr. Am Telefon erhält sie von Wendelspiess Partners AG eine schockierende Auskunft: Man könne nichts mehr für sie tun. «Ich habe mein ganzes Vermögen bei Ihnen und die sagen: ‹Ja, wir können nichts mehr machen für Sie, wir müssen selbst schauen!›»

Gesamtes Vermögen in einen einzigen Fonds investiert

Das Problem: Pius Wendelspiess hatte das gesamte Vermögen – inklusive Pensionskassen-Kapital – in einen einzigen Fonds gesteckt: dem WP Multi-Strategy Fund, über 80 Millionen Franken schwer. Der Fonds ist seit längerer Zeit in grossen finanziellen Schwierigkeiten. Das ganze Vermögen von Frau J. ist deshalb blockiert – seit anderthalb Jahren.

Anlage-Experte sieht grob fahrlässiges Verhalten

Christian Dreyer, CFA und unabhängiger Finanzanalyst, bezeichnet die Anlagestrategie gegenüber «Kassensturz» als grob fahrlässig: «Weil der Vermögensverwalter die ganzen Vermögenswerte in einen einzigen Fonds investiert, der illiquid werden kann. Was jetzt passiert ist.» Im schlimmsten Fall erhole sich der Fonds nicht mehr und könne einen Totalverlust ausweisen.

Dann wäre alles Geld weg. «Weil der Fonds praktisch in eine einzige Gegenpartei investiert ist.» Nämlich in eine Zuger Investmentfirma. Diese befindet sich in Liquidation. Für die Anleger ist unklar, was mit ihrem Geld passiert.

Stellungnahme Wendelspiess Partners AG

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«Kassensturz» hat der Firma Wendelspiess Partners AG einen umfangreichen Fragenkatalog zum Fall geschickt. Zu den konkreten Fragen nimmt die Vermögensverwaltung nur summarisch wie folgt Stellung:

«Den Vorwurf der Grobfahrlässigkeit weisen wir entschieden zurück. Wir bedauern aber die Situation sehr, in der sich die Kundin gemäss ihren Angaben befindet. Die Angelegenheit ist auch für unser Unternehmen äusserst belastend.

Die Verantwortlichen der Firmen, in welche der Fonds investiert hat, haben uns mehrfach Verbesserungen in Aussicht gestellt. Bedauerlicherweise sind alle Zusagen bisher ergebnislos verlaufen.

Wir prüfen derzeit mit Rechtsvertretern das weitere Vorgehen. Leider müssen wir deshalb davon absehen, zu den einzelnen Detailfragen Stellung zu nehmen, da wir den juristischen Abklärungen nicht vorgreifen wollen und die Kundin Schadenersatzansprüche angemeldet hat.»

Fällt der Fonds zusammen, bleibt für die betroffene Frau eigentlich nur noch, die Firma Wendelspiess vor Gericht einzuklagen. Doch dafür braucht die Rentnerin Geld – Geld, das sie nicht mehr hat. Wie und ob sie diesen Schritt macht, diese Frage überfordert sie: «Ich kann darauf keine Antwort geben. Ich möchte einfach mein Geld zurück und ich hoffe, dass jemand mir hilft.»

Espresso, 21.1.2025, 8:10 Uhr

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