«Man würde staunen, wenn plötzlich die Telefonrechnung oder die Stromkosten nach Quadratmeter aufgeteilt würden. Da wäre jeder hochgradig irritiert», sagt Patrik Lanter. Bei den Heizkosten werde das jedoch häufig genau so gemacht, erklärt der Präsident des Verbands für Energie- und Wasserkostenabrechnung.
Nur in etwa jedem dritten Mehrfamilienhaus bezahlen die Bewohnenden nur so viel Heizenergie, wie sie tatsächlich verbraucht haben. Das zeigt eine neue Schätzung des Verbands.
Messgeräte können nachträglich eingebaut werden
Gerade in älteren, wenig Energie-effizienten Häusern sind oft keine Zähler eingebaut, die den Heizenergie-Verbrauch jeder Wohnung messen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen ist eine Nachrüstung aber möglich.
Das zeigt sich in einem Mehrfamilienhaus in Klosters: Innert weniger Stunden werden hier alle 26 Heizkörper im Haus ausgemessen, digital erfasst und mit Messgeräten ausgerüstet. Hanspeter Ambühl, der das Haus mit seinen Geschwistern besitzt, erklärt seine Motivation: «Im Haus gibt es dauerbewohnte Wohnungen und Ferienwohnungen. Wir bauen die Anlage ein, um eine transparente und faire Abrechnung erstellen zu können – gerade jetzt mit den steigenden Heizkosten».
Weniger Diskussionen, weniger Verbrauch
Hanspeter Ambühl arbeitet als Immobilienverwalter, seine Firma betreut über zweihundert Häuser in Klosters und Umgebung. Davon ist knapp die Hälfte mit Zählern ausgerüstet für eine Abrechnung nach Verbrauch.
Ambühls Erfahrungen sind grösstenteils positiv: «Eine individuelle Abrechnung wird viel weniger in Zweifel gezogen, man hat weniger Diskussionen. Und als Nebeneffekt werden die Bewohner sensibilisiert auf ihren eigenen Verbrauch beim Heizen.»
Vorteile stehen Mehrkosten gegenüber
Die faire Abrechnung hat ihren Preis: Patrik Lanter rechnet mit etwa 100 Franken pro Jahr für eine Durchschnittswohnung – die Hälfte für die Messgeräte, die andere Hälfte für Service und Abrechnung. Markus Meier, Direktor des Schweizerischen Hauseigentümerverbands, merkt im «Kassensturz»-Interview an, die Mehrkosten könnten bis zu 170 Franken pro Wohnung pro Jahr betragen.
Dem gegenüber stehen Einsparungen: Verschiedene Untersuchungen zeigten, dass Mietende nach dem Einbau von Messgeräten im Durchschnitt etwa 15 Prozent weniger Heizenergie verbrauchen als vorher. Zudem bezahlt jeder Haushalt nur die Heizenergie, die er verbraucht. Davon profitierten jene rund zwei Drittel der Mieterschaft, welche weniger Heizenergie brauchen als der Durchschnitt.
Politisch hat eine Pflicht wenig Chancen
Als Anreiz zum Energiesparen verlangte Grünen-Nationalrat Michael Töngi im Frühling per Motion, dass die Abrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten nach Verbrauch schweizweit Pflicht werden soll. Doch der Bundesrat sieht keinen Handlungsspielraum – für den Gebäudebereich seien die Kantone zuständig.
Neuere Häuser sind oft bereits mit Messgeräten ausgerüstet, weil in vielen Kantonen für Neubauten entsprechende Bestimmungen galten oder noch in Kraft sind. Mit einem flächendeckenden Obligatorium gute Erfahrungen gemacht haben die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Dort müssen seit den achtziger Jahren die allermeisten Mehrfamilienhäuser Systeme zur verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung haben. Das sei «praktikabel und zielführend», teilen die Kantone «Kassensturz» auf Anfrage mit.