Das wichtigste in Kürze:
- Ticketbörsen wie Viagogo erwecken den Eindruck offizieller Vorverkaufsstellen.
- Tatsächlich handelt es sich bei den Tickets, die auf solchen Plattformen verkauft werden, um Angebote Privater, die teilweise versuchen mit dem Wiederverkauf ein gutes Geschäft zu machen.
- Zu den oftmals völlig überteuerten Billetten kommen auf Ticketbörsen häufig happige Buchungs- und Liefergebühren hinzu.
- Billette für Sport- oder Musikanlässe kauft man idealerweise über die offiziellen Vorverkaufskanäle (z.B. Ticketcorner oder Starticket).
Wenn im Sommer 2017 die amerikanische Hardrock-Band Guns N‘ Roses oder der österreichische Sänger Andreas Gabalier die Bühnen des Zürcher Letzigrund-Stadions und des St. Galler Kybunparks rocken, werden zahlreiche Fans im Publikum viel zu viel für ihr Ticket bezahlt haben. Denn wer sein Ticket nicht über die offiziellen Vorverkaufsstelle bezogen hat (in beiden Fällen Ticketcorner), ist unter Umständen über den Tisch gezogen worden.
120 Franken Gebühren – für zwei Konzert-Tickets
Beispiel Guns N‘ Roses: Im offiziellen Vorverkauf bei Ticketcorner haben zwei gewöhnliche Stehplatz-Tickets 240 Franken gekostet. Auf der Plattform Viagogo bezahlte ein Kunde für die gleichen Tickets 380 Franken – hinzu kamen rund 120 Franken Buchungs- und Liefergebühren sowie die Mehrwertsteuer. Letzten Endes kosteten die beiden Tickets über 500 Franken – also mehr als das Doppelte. Besonders störend: Die 120 Franken Gebühren werden dem Kunden erst ganz am Schluss der Bestellung bekannt gegeben.
Beim SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» melden sich regelmässig Viagogo-Kunden, die sich über die Preise und Gebühren der Plattform wundern. So etwa ein Andreas Gabalier-Fan, der für seine Tickets 40 Franken Gebühren bezahlte. «Ich finde das völlig überrissen. Und vor allem werden die Gebühren einfach am Schluss der Bestellung noch drauf gehauen. Da wird man hinters Licht geführt.»
«Die Nutzung von Viagogo ist freiwillig»
Viagogo ist laut eigenen Angaben die «weltweit grösste Ticketbörse» und betreibt Websites in mehr als 60 Ländern. Auf Anfrage schreibt das Unternehmen, die Ticketpreise würden von den Verkäufern festgelegt. Und weiter: «Die Buchungsgebühren werden proportional zu den Ticketpreisen erhoben.» Sprich: Je teurer ein Ticket, desto höher die Buchungsgebühr.
Zum Vorwurf der intransparenten Preisbekanntgabe äussert sich Viagogo nicht konkret, sondern lediglich mit der Aussage: «Wir haben unsere Internetseite so gestaltet, wie wir glauben, dass sie den Leuten am nützlichsten ist.» Im Übrigen «ist die Nutzung von Viagogo freiwillig». Es gebe viele weitere Kanäle um Tickets zu beziehen.
Ticketcorner versucht Graumarkt einzudämmen
Es mag zwar richtig sein, dass es für viele Veranstaltungen diverse Möglichkeiten gibt, Tickets zu bekommen. Bei Konzerten mit grossem Ansturm ist die Realität jedoch eine andere: Hier sind die Chancen echter Fans zu einem vernünftigen Preis zu einem Ticket zu kommen, geringer. Ticketcorner geht nämlich davon aus, dass es ganze Gruppen von Personen gibt, die versuchen, beim offiziellen Vorverkauf möglichst viele Tickets zu ergattern, nur um sie gleich darauf zu völlig überrissenen Preisen auf Viagogo und anderen Tauschbörsen anzubieten. Daraufhin deutet auch die Tatsache, dass auf Viagogo und Co. teilweise Tickets für Veranstaltungen angeboten werden, die noch gar nicht im Verkauf sind.
Ticketcorner schränkt deshalb zusemmen mit den Veranstaltern bei gewissen Veranstaltungen die maximale Anzahl Tickets ein, welche pro Person gekauft werden können. Zudem werden Mehrfach-Bestellungen einer einzigen Kreditkarte storniert. Mediensprecher Stefan Epli sagt, man habe mit diesen Massnahmen schon einige dieser Leute entlarven können. Diese kämen auf eine schwarze Liste und könnten keine Tickets mehr kaufen. «Es ist aber unglaublich schwierig, alle ausfindig zu machen.»
Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf
In den vergangenen Jahren gab es diverse politische Vorstösse, welche das Geschäft mit dem Weiterverkauf von Tickets einschränken wollten. So standen etwa Vorschläge im Raum, dass Billette für Sport- oder Musikanlässe nur zum Originalpreis weiterverkauft werden dürfen oder dass Personen, welche solche Tickets zu überhöhten Preisen verkaufen, strafrechtlich verfolgt werden sollen.
Der Bundesrat hält jedoch nichts von diesen Vorschlägen. In seinen Antworten verwies er jeweils auf das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): «Das geltende Recht bietet einen gewissen Schutz gegen Missbräuche und Täuschungen beim Weiterverkauf von Tickets. So wird täuschendes Verhalten […] gegenüber dem Zweitkäufer mit der Verschleierung des offiziellen Ticketpreises vom UWG erfasst.» Es sei – so der Bundesrat – somit an den einzelnen Veranstaltern, sich mit Klagen gegen Missbräuche im Tickethandel zu wehren.
Das sagen die Veranstalter
Der Bundesrat spielt den Ball also den Veranstaltern zu. André Beschir, Geschäftsleiter der abc Production AG, ist jedoch der Ansicht, dass die Veranstalter heute keinen Spielraum haben um rechtlich gegen den Graumarkt vorzugehen. «Es liegt nicht an uns, etwas zu machen, sondern es braucht ein Gesetz.» Dem Bund entgehe durch diesen Handel ja auch Mehrwertsteuer.
Und Stefan Matthey, Geschäftsleiter des Veranstalters Good News, schreibt auf Anfrage, Good News kenne die Äusserungen des Bundesrates. Allerdings: «Wir haben noch keine Klage eingereicht, aber beobachten das Ganze sehr genau und werden die Entwicklung sowohl in unserem Verband als auch mit anderen Grossveranstaltern und den offiziellen Ticketanbietern disktuieren und unser weiteres Vorgehen eng zusammen abstimmen.»