Das Wichtigste in Kürze
- Die Hotel-Buchungsplattform Agoda lockt mit Phantasie-Rabatten. Versprochen werden 80 Prozent und mehr auf die Preise von Schweizer Hotelzimmern.
- Allerdings: Das Unternehmen mit Sitz in Singapur gibt viel zu hohe Standardpreise an. So soll etwa ein Zimmer in einem Zürcher 4-Sterne-Hotel normalerweise 780 Franken kosten – tatsächlich liegt der Preis für dieses Zimmer bei 175 Franken.
- Der Dachverband der Schweizer Hotels kennt die Masche, erachtet es jedoch als schwierig, dagegen vorzugehen.
«Wir waren baff!» Roger Jutzi, der Direktor des Hotels Krone Unterstrass in Zürich, traute seinen Augen nicht, als er sah, welchen Standardpreis die Buchungsplattform Agoda für sein Hotel angibt: 780 Franken und mehr soll ein Zimmer pro Nacht in der Krone kosten. «Wir haben keine Zimmer in diesem Preissegment», sagt der Hoteldirektor. «Unsere Preise bewegen sich zwischen 150 und 300 Franken.»
Die Krone Unterstrass ist nicht der einzige Betrieb, der von dieser Preismanipulation betroffen ist. Das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» hat die von Agoda angegebenen Standardpreise von mehreren Zürcher Betrieben mit deren tatsächlichen Preisen verglichen und ähnlich grosse Unterschiede festgestellt.
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Bild 1 von 4. 515 Franken pro Nacht soll das Zimmer laut Agoda.com normalerweise kosten. Mit 76 Prozent Rabatt ist es für 126 Franken erhältlich. Der tatsächliche Zimmerpreis liegt laut Angaben des Hotels bei 138.-. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 4. 1240 Franken pro Nacht soll das Zimmer laut Agoda.com normalerweise kosten. Mit 74 Prozent Rabatt ist es für 321 Franken erhältlich. Der tatsächliche Zimmerpreis liegt laut Angaben des Hotels bei 342.-. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 4. 654 Franken pro Nacht soll das Zimmer laut Agoda.com normalerweise kosten. Mit 85 Prozent Rabatt ist es für 100 Franken erhältlich. Der tatsächliche Zimmerpreis liegt laut Angaben des Hotels bei 116.90. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 4. 783 Franken pro Nacht soll das Zimmer laut Agoda.com normalerweise kosten. Mit 81 Prozent Rabatt ist es für 147 Franken erhältlich. Der tatsächliche Zimmerpreis liegt laut Angaben des Hotels bei 175.-. Bildquelle: SRF.
«Das bringt uns in Teufels Küche»
Agoda gehört zur gleichen Gruppe wie Booking und hat seinen Hauptsitz in Singapur. Im asiatischen Raum ist Agoda eine der verbreitetsten Buchungsplattformen. Die Masche des Unternehmens ist einfach: Mit scheinbar gigantischen Rabatten von 50, 60 oder mehr als 80 Prozent lockt das Unternehmen Kunden an. Um solche Rabatte gewähren zu können, gibt die Plattform einfach höhere Standardpreise an. Auf die Anfrage von «Espresso» hat Agoda nicht reagiert.
Beispiele für die Agoda-Phantasiepreise:
«Uns bringt das in Teufels Küche», sagt Krone-Direktor Roger Jutzi. Denn der Gast komme dann mit der Erwartung, in einem Zimmer für 780 Franken zu übernachten. «Da ist man von Anfang an enttäuscht.» Vor allem würden die Kunden glauben, die Standardpreise, welche Agoda angibt, stammten vom Hotel selbst. «Und das ist definitiv nicht so.»
Rufschädigend für Hotels
Bei Hotelleriesuisse kennt man die Masche von Agoda. Und dem Dachverband der Schweizer Hotels sind auch andere Plattformen bekannt, die das so machen. «Agoda ist kein Einzelfall», sagt Geschäftsleitungsmitglied Thomas Allemann auf Anfrage. Aus zwei Gründen sei das ärgerlich: Einerseits würden Kunden getäuscht, andererseits könne es rufschädigend sein für Hotelbetriebe, wenn derart hohe Standardpreise kommuniziert würden.
Dagegen vorzugehen sei schwierig, sagt Allemann: «Grundsätzlich muss der Hotelier als Geschädigter intervenieren, da es sich um unlauteren Wettbewerb handelt.» Das sei aufwändig und kostspielig.
Klage unwahrscheinlich
Dass ein Hotel tatsächlich Geld in die Hand nimmt und gegen Agoda klagt, scheint unwahrscheinlich. Vor allem auch deshalb, weil unklar ist, ob überhaupt das Schweizerische Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zum Tragen kommt in diesem Fall. Das müsste zunächst durch ein Gericht geklärt werden, heisst es beim Staatssekretariat für Wirtschaft Seco. Und selbst wenn das Schweizerische Recht angewendet werden könnte: «Es wäre sehr schwierig, das UWG gegenüber einem Unternehmen mit Sitz in Singapur durchzusetzen.»
Roger Jutzi vom Hotel Krone Unterstrass in Zürich hofft, dass sich nun noch mehr betroffene Betriebe beim Dachverband Hotelleriesuisse melden. «Wenn wir mehr Betriebe sind mit dem gleichen Problem, können wir auch mehr Macht ausüben auf diese unseriösen Plattformen.»